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Ein Angriff auf Kunstfreiheit

Ein Angriff auf die Kunstfreiheit Das Zentrum für Politische Schönheit ist die bekannteste und umstrittenste Aktionskünstlergruppe Deutschlands. Sie schafft es
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Die Staatsanwaltschaft in Gera ermittelt gegen Deutschlands bekannteste Aktionskünstlergruppe wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung. Die Ermittlungen gegen das Zentrum für Politische Schönheit sind nicht nur ein Skandal allererster Güte, sondern ein Angriff auf die Freiheit der Kunst. Ein Kommentar.

Ein Angriff auf die Kunstfreiheit

Das Zentrum für Politische Schönheit ist die bekannteste und umstrittenste Aktionskünstlergruppe Deutschlands. Sie schafft es seit Jahren mit jeder ihrer Aktionen, in gesellschaftlich relevanten Wunden zu bohren, bundesweite Debatten auszulösen und dabei immer wieder die Grenzen der Kunst selbst auszuloten. Mit ihren ethisch kontroversen Aktionen und vor allem auch den Reaktionen darauf entlarven sie nicht nur politische Missstände, sondern machen Kunst, die sogar die Bundesregierung und ihre Ministerien regelmäßig in Stress versetzt. Das mag unbequem sein – aber Kunst darf nicht bequem sein.

Wie der Staat mit der Freiheit der Kunst umgeht, ist ein guter Indikator für den Zustand der Demokratie im Land. Dass nun ausgerechnet im rot-rot-grünen Thüringen die Staatsanwaltschaft Gera die Hetze der rechtsradikalen AfD gegen das Zentrum für Politische Schönheit in ein Ermittlungsverfahren gießt, ist ein Skandal allererster Güte. Es war der AfD-Rechtsaußen Björn Höcke, der als erster die Künstlergruppe in einer Rede „kriminelle Vereinigung“ nannte. Dass die Staatsanwaltschaft nur Tage nach Höckes Worten genau ein solches Verfahren eröffnet, spricht nicht gerade für die Thüringer Justiz.

Es darf in der Demokratie nicht sein, dass der Staat mit seinen schärfsten juristischen Schwertern über fast eineinhalb Jahre gegen unbescholtene Künstlerinnen und Künstler ermittelt und diese der Möglichkeit einer massiven Ausforschung durch die Behörden aussetzt – vom großen Lauschangriff bis zum Einsatz von V-Leuten. Von einer Stigmatisierung mal ganz abgesehen!

Überwachung und Stigmatisierung

Diese Stigmatisierung ist nicht theoretisch, sie ist schon passiert: Der künstlerische Leiter des Zentrums wurde mit Hinweis auf ein laufendes Verfahren und auf Weisung des Bundesinnenministeriums von einem Kongress der Bundeszentrale für politische Bildung ausgeladen. Ängstliche Kulturbetriebe oder finanzielle Zuwendungsgeber könnten diesem Beispiel folgen. Deswegen sind die Ermittlungen nichts weniger als ein Angriff auf die Freiheit der Kunst.

Es ist mehr als scheinheilig, mit dem Zeigefinger auf die Erdogans und Putins dieser Welt zeigen und deren Umgang mit Journalisten und Künstlern anzumahnen, wenn bei uns Zuhause mit ähnlich scharfen Mitteln gegen die bekannteste Aktionskünstler-Truppe des Landes vorgegangen wird.

Die sofortige Einstellung des Verfahrens, eine Offenlegung, wie es zustande kam, und eine Auskunft zu möglichen Überwachungsmaßnahmen sind das Mindeste, was jetzt geschehen muss, um das Zentrum zu rehabilitieren. Mehr noch: Wer auch immer dieses Verfahren eröffnet und für 16 Monate nicht eingestellt hat, sollte von seinem Amt zurücktreten.


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