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Malerei, Skulpturen und Grafiken
Interview mit dem Künstler Dirk Neumaan

Werk der Woche 67„Verbindung“, Acryl auf Nessel , 100x100 cm, Entstehung 2019 (c)Dirk Neumaan Interview mit dem Künstler Dirk Neumaan über seine Entstehungsprozesse - Malerei, Skulpturen und Grafiken - Junge Kunst online entdecken...

Interview mit dem Künstler Dirk Neumaan Dirk Neumaan wurde in Chemnitz ehemaliges Karl- Marx- Stadt (DDR) geboren. Nach der schulischen
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"Ich will meine Arbeit nicht einordnen. Einordnen ist Unterordnen. Die einzige Regel, die ich befolge, ist die mir selbst auferlegte Harmonie. Ich bin ein Feind des Stereotyps und Mainstream." - Dirk Neumaan

Interview mit dem Künstler Dirk Neumaan

Dirk Neumaan wurde in Chemnitz ehemaliges Karl- Marx- Stadt (DDR) geboren. Nach der schulischen Laufbahn folgte die Lehre des Schreinerhandwerkes, anschließend eine mehrjährige Militärzeit. Es folgte das Abitur, Studium und eine Ausbildung zum Grafikdesigner. Seit 2010 studiert Dirk Neumaan autodidaktisch die bildenden Künste mit allen Facetten – Malerei, Skulpturen und Grafiken.

Der Brucker Künstler Siegfried Schöberl war der Schwiegervater von Dirk Neumann und beeinflusste maßgeblich die Entwicklung von Neumaan. Denn nach dem Tod von Schöberl befasste sich sein Schwiegersohn intensiv mit dessen Werken und Aufzeichnungen.

Von 2016 bis 2019 war Dirk Neumaan regelmäßig an Kunstausstellungen in seiner Region beteiligt, es folgte eine Corona geschuldete Zwangspause.  So richtig aufgehört, kreativ zu arbeiten hat der Künstler aber in den letzten Jahren nicht und steht nun mit neuen Ideen und Projekten in den Startlöchern.

Interview: Dirk Neumaan über seine Entstehungsprozesse

Ein leichter Einstieg!
Wo bist du grade, wie geht es dir und wodran arbeitest du aktuell?

Gerade bin ich in meinem Atelier. Hier verbringe ich sehr viel Zeit, nicht nur um zu malen, sondern auch nachzudenken und zu entspannen. Hier kommen mir die besten Ideen. Aktuell arbeite ich an einem Bild der Popart Stilrichtung. Knallige Farben und Kontraste, ich probiere einiges aus, mal sehen, wie es wird.

Du bist seit 2004 staatlich geprüfter Holztechniker und hast 2010 dein autodidaktisches Studium der bildenden Künste angefangen. Wann hast du angefangen, dich für Kunst zu interessieren bzw. wie kamen die Anfänge, selbst Kreatives zu kreieren?

Die Kunst interessierte mich schon immer, aber eher unterbewusst. Ästhetik, Formensprache, Entstehungsprozesse durch handwerkliches Tun, all das hat mich schon immer fasziniert. Ich habe in meiner Kindheit gern gezeichnet und Holzschnitte angefertigt. In meinem familiären Umfeld stieß ich oft auf Unverständnis für mein manchmal exzessives kreatives handeln. So dass ich mich dem Sport verschrieb und erst Jahrzehnte wieder einen Zeichenstift oder Pinsel anrührte.

In deinem Portfolio finden sich Skulpturen, Malereien und Grafiken aus den unterschiedlichsten Materialien, gibt es für dich einen eigenen Schwerpunkt, wo du sagen würdest, darauf liegt dein Fokus?

Ich lasse mich treiben. Meine Ideen und Projekte kommen einfach so und wollen umgesetzt werden. Ob daraus nun ein Gemälde oder eine Skulptur wird, lässt sich erst nach einiger Zeit der Analyse sagen. Dann entscheide ich, welches Medium am geeignetsten ist. Es kann auch ein Mix entstehen. Alles ist möglich. Dabei bin ich immer für Überraschungen gut und unberechenbar. Also werde ich mich auch nie festlegen, welche Stilrichtung ich verfolgen werde. Ich arbeite frei heraus.

Ich will meine Arbeit nicht einordnen. Einordnen ist Unterordnen. Die einzige Regel, die ich befolge, ist die mir selbst auferlegte Harmonie. Ich bin ein Feind des Stereotyps und Mainstream.

Du verzichtest auf klare Linien und klare Kommunikation?

Ja, ganz bewusst. Das ist der Kern meines künstlerischen Schaffens. Nicht jeder hat direkten Zugang zu meinen Themen. Beispielsweise verstehen die meisten Menschen nicht, warum ich einen Rasierapparat male und ihn auf den Kopf stelle. Erst nach Beleuchtung des Kontexts wird ersichtlich, dass es in der Gesellschaft an Individualität und Tiefgründigkeit fehlt und vieles egalisiert und passend verständlich reglementiert und kategorisiert wird.

Wie kann man sich den Entstehungsprozess deiner Skulpturen vorstellen? – Hast du die Materialien und schaust dann, was du daraus formen kannst – oder steht die Projektidee schon vorher und dann beschaffst du die Materialien?

Die Projektidee kommt als erstes. Manchmal dauert es Jahre, bis ich die richtige Gestaltungs- und Darstellungsmethode gefunden habe. Das Motiv schlummert dann, bis irgendwann die richtige Initialzündung der Inspiration mir zur Herausarbeitung verhilft. Dann beginne ich die Materialien zu beschaffen und die technische Umsetzung zu hinterfragen.

In welcher Größenordnung liegen deine Skulpturen und nimmst du auch Auftragsarbeiten an?

Skulpturen können gern einmal zwei Meter groß sein. Der Zyklus der „Schmerzensmänner“ ist noch nicht abgeschlossen. In Planung ist eine weitere Holzskulptur dieser Größenordnung. Dabei gibt es viele Aspekte die ich berücksichtigen muss, wie zum Beispiel Statik, Oberflächenbeschaffenheit, Transportfähigkeit bei Versand. Das ist ein langer Prozess. Mehr möchte ich allerdings noch nicht verraten – das zerstört das Mysterium….

Natürlich bin ich gegenüber Auftragsarbeiten aufgeschlossen. Wobei ich jedoch gestalterisch großen Freiraum benötige, es soll ja auch Spaß machen …

Mit deiner Kunst positionierst du dich stark gegen Rassismus, bspw. mit deinem „Georg Floyd“-Werk und gegen Krieg, („Fuck the War“) – in deiner Vita finden sich aber auch 7 Jahre Militärzeit, hat diese Phase dein künstlerisches Schaffen beeinflusst?

Ich greife mit meiner Kunst Zeitgeistfragen auf. Rassismus, Krieg und Hass sind große globale Themen, die mich enorm beschäftigen, da ich ein Teil dieser Gesellschaft bin. Ich wünsche mir eine Welt mit mehr Offenheit, Individualität und friedlichem Miteinander. Es gibt keinen wirklichen Grund, dass Menschen anderen Menschen Leid antun.

Ich möchte mit meiner Arbeit einen winzigen Teil dazu beitragen, manifestierte Denkmuster und Stigmatisierungen aufzulösen. Es gibt viel schönere Dinge als sich der Profitgier, Kommerz und das Streben nach immer mehr Materie hinzugeben.

Die Tragödie George Floyds aufzuarbeiten ist für mich der Start für einen Gemäldezyklus, den ich „das Böse“ nenne. Die Szenerie beschreibt die Festnahme eines afroamerikanischen Mannes während einer Polizeikontrolle, die mit dem Tod endet. Ein Screenshot einer Videoüberwachungskamera mit allen beteiligten Personen. Der Vorfall ähnelt einer langsamen Hinrichtung, wie der Gang zu einem Schafott oder eines wartenden Galgens.

Das Böse wird hierbei in kräftigen Farben dargestellt und umhüllt willkürlich das Opfer und bedeckt teilweise seine vermeintlichen Henker… Die Farbwahl des Bösen ist hier explizit gewählt. Es sind lebendige, frohe Farben. Sie dienen der Klärung, dass der Mensch an sich nicht böse ist, sondern einem Dilemma unterliegt …

 

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Kunst muss….

… Gültigkeit besitzen. Ich möchte gern Georg Baselitz zitieren:

„Wenn ich ein Gemälde mache, fange ich an, die Dinge zu gestalten, als ob ich der erste wäre, der einzige, als ob
es all diese Vorbilder nicht gäbe; obwohl ich natürlich weiß, dass es tausende Beispiele gegen mich gibt. Man muss
immer daran denken etwas zu machen, eine Sache, die Gültigkeit hat, genau darum geht es mir.“

Deine letzte Ausstellung war 2019, in der apoBank in Regensburg, seitdem war es etwas ruhiger um dich – wirst du zukünftig wieder aktiver sein?

Die Ruhe war der Pandemie geschuldet. Ich habe die Zeit allerdings zum nachzudenken genutzt. Ich habe Dinge und Herangehensweisen geordnet und neue spannende Motive entwickelt. Nun möchte ich meinen Publikumsradius vergrößern und suche neue Ausstellungsmöglichkeiten.

Stell dir vor, wir wären ein großes Magazin – die New York Times oder Ähnliches, was würdest du der Kunstwelt gerne noch sagen?

Aller Kunst geht das Handwerk voraus. Kunst kann man nicht lernen. Entweder man ist Künstler oder man ist es nicht. Ich möchte Walter Gropius zitieren:

„Denn es gibt keine „Kunst von Beruf“. Es gibt keinen Wesensunterschied zwischen dem Künstler und dem Handwerker. Der Künstler ist eine Steigerung des Handwerkers. Gnade des Himmels lässt in seltenen Lichtmomenten, die jenseits seines Wollens stehen, unbewusst Kunst aus dem Werk seiner Hand erblühen, die Grundlage des Werkmäßigen aber ist unerlässlich für jeden Künstler. Dort ist der Urquell des schöpferischen Gestaltens.“ – davon bin ich fest überzeugt.

Ach ja, du hast 2016 auch noch  zusätzlich eine Ausbildung zum Grafikdesigner abgeschlossen, arbeitest heute aber nicht mehr Hauptberuflich in dem Bereich?

Grafikdesign von heute ist die Arbeit von Nerds. Zu denen gehöre ich nicht. Ich bediene mich nur der Techniken und nutze dieses Handwerk für meine eigenen Ideen. Es ist ein Teil des gesamten Spektrums an Werkzeugen, welche ich benutze. Dazu gehört auch die Arbeit mit digitalen Pixeln.

Danke dir für deine Zeit und Mühe!

Sobald Dirk Neumaan seine Werke wieder im Rahmen einer Ausstellung dem Publikum präsentiert, werden wir unsere Leser rechtzeitig informieren. 

Weitere Informationen

Titelbild:„Verbindung“, Acryl auf Nessel , 100×100 cm, Entstehung 2019 (c)D.Neumaan

Ausgewählte Arbeiten des Künstlers finden Sie in Kürze bei uns im Shop!

Mehr über Dirk Neumaan finden Sie auf seiner Webseite: www.neumaan.de

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