Vom 05. bis zum 07. November 2021 fand in Frankfurt die Discovery Art Fair statt, eine Entdeckermesse für zeitgenössische Kunst. Der Fotokünstler Dieter Hanf war zu Besuch auf der vierten Ausgabe der Discovery Art Fair in der Bankenmetropole Frankfurt am Main.
Dieter Hanf auf der Discovery Art Fair Frankfurt 21
Ein Gastbeitrag von Dieter Hanf.
Viele Stände, viele Galerien und Künstler*innen; buntes Treiben. Das ist der erste Eindruck bei der Discovery Art Fair in Frankfurt. Nach einer Besucher reichen Eröffnung am Donnerstagnachmittag und einem anstrengenden leeren Freitag zog es Samstag und Sonntag wieder viele Kunstliebhaber in die Halle 12 der Frankfurter Messe.
Nach der sehr erfolgreichen Präsentation von 2019 und der Corona bedingten Flaute vom letzten Jahr machte diese Messe wieder Hoffnung auf ein Aufleben des Kunsthandels.
Nach einem gefühlt drei Kilometer langen Fußweg durch die Gänge der Messe bis zum erlösende Eingang öffnete sich der Blick und fiel zunächst auf die meterhohe, beleidigt wirkende Figur “Angry Boy” von Viktor Frešo. Etwa 50 m weiter, am anderen Ende des Ganges ruhte der ebenso übergroße silberne Wasserball des gleichen Künstlers.
Dazwischen fanden sich etwa 115 Stände von Galerien und Künstler*innen aus Europa und dem Nahen Osten. Darunter natürlich auch große Namen. Die Preisspanne reichte von 38,500€ für einen Uecker bis zu 150€ für einen limitierten Druck von verschiedenen anderen Anbietern. Spektakulär Neues gab es kaum, wie die bisher erst einmal präsentierten Gemälde von Max Stock oder dem Art & Furniture Project von Dusek and Hanf. Dafür aber viele schöne Kunstwerke für jeden Geschmack und Geldbeutel. Wer also geschafft hatte den Fußweg zu überleben, war sicher interessiert an Kunst und häufig auch gewillt etwas zu kaufen.
Soweit der Überblick…
Kommen wir zu einigen Beispielen, die mir persönlich sehr gefielen.
Kyriaki Mavrogeorgi aus Griechenland, vertreten durch die Galerie “alma contemporary art gallery” aus Athen. Sie kreiert zauberhaft anmutende, zartweiße Porzellanfiguren, die in ihren Details oft mit anderen Materialien ergänzt werden, in die sie ihre Gedanken und Vorstellungen zu menschlichen Beziehungen oder der menschlichen Psyche eingibt. So entstehen wundersame Figuren, die gleicherweise erstaunen wie begeistern können.
Beispiel: Ein auf den ersten Blick an Rotkäppchen erinnernde Mädchenfigur im Faltenkleid trägt einen kleinen Wolf im Arm. Dann fällt auf, dass die Kappe pink ist und diese auch die großen Wolfsohren des Mädchens verdeckt, die man aber an den Konturen deutlich erkennen kann. Dies lässt vielfältige Assoziationen und Interpretationen zu…
Erstmalig in Deutschland präsentierte Rajaa Sertin aus dem Libanon stammend, in Dubai lebend, ihre abstrakten und detailreichen Interpretationen zu Landschaften. Die international anerkannte Künstlerin, deren Arbeiten durch ein interessantes Wechselspiel von kräftigen, großflächigen Farbaufträgen und zarten, kaum herausgearbeiteten Abendstimmungen bis verwirrend detaillierten Linien brillieren, zeigte sich angetan vom Interesse des deutschen Publikums.
Ihr Oeuvre ist durch Abstraktion geprägt, zeigt aber durchaus figurative Bezüge. Besonders bei ihren Serien “Abstract Compositions” oder “Abstract Figures”.
Konsequent konkret hingegen arbeitet Gerd Paulicke. Der diesjährig als einer von zehn Künstler*innen zur Discovery Art Fair Edition ausgewählt wurde. Eigentlich von der Ausbildung her Bildhauer, präsentierte er Figuren, aber auch Ölbilder. Die Auseinandersetzung mit der Vergänglichkeit und der Frage nach dem, was bleibt, kennzeichnet thematisch seine vielfältigen Ausdrucksformen. Dabei ist er sich selbst sein bestes Model.
Bei seiner Miniserie “Raumfreigabe” entfernt er sich selbst durch einen geraden Pinselstrich in der Hintergrundfarbe seines Bildes und hinterlässt eine Leerstelle… Konsequent weitergedacht wird der Malgrund wieder frei für einen anderen künstlerischen Menschen, welcher diesen vielleicht neu füllt, so wie man in der Antike oder im Mittelalter ein Palimpsest abgeschabt und überschrieben hat.
Fast voyeuristische, aber wunderschön herausgearbeitete, fotorealistische Einblicke in die Unterwasserwelt heimischer Schwimmbecken der Serie “Pool” bot Jean-Pierre Kunkel, der seine Arbeiten durch geschickte Kombination von einzelnen Bildelementen gezielt zu vervollkommnen versucht.
Kunkel ist nicht nur ein Meister der Maltechniken und Malmittel, sondern auch ein begeisterter Fotograf, der seine Bildmotive allesamt selbst erstellt. Erfahren in der Werbefotografie und Illustration, zum Beispiel als Assistent des französischen Fotografen und Kunst Aktivisten Jean-Paul Goude in New York, verfügen viele seiner Werke über die farbenfrohe Ausdruckskraft des Advertising Pop-Art. Über die Mittel der Fotografie hinausgehend, überarbeitet er seine Vorstellungen zum Beispiel von einer perfekten Welle, die eindrucksvoll und energetisch aufgeladen auf den Betrachter zuzurollen schien. Fast spürte man die Gischt im Gesicht, wenn man dem großformatigen Bild “Brandungswelle No 7” nahe kam.
Eine beeindruckende Kombination aus digitaler, fotografischer wie holografischer Kunst präsentierte die “gallery artpark” aus Karlsruhe. Deren koreanischer Künstler Park Hyun-Jin geschickt inszenierte Goldfische und Schmetterlinge aus seinem Kunstwerk holografisch heraus schweben lässt. Während in einem eingerahmten Bild Fische schwimmen und Rosen bei Berührung des sensitiven Bildschirms ihre Blütenpracht entfalten, um sich kurz darauf wieder zu schließen. Im ersten Moment ist der Betrachter überrascht, da nicht nur die Schmetterlinge, sondern auch die Fische in den Raum zu fliegen scheinen und die Dimensionalität des Kunstwerkes zunächst nicht ausmachen lässt.
Dagegen schafft Suh Jeong Min aus präparierten Textstreifen hochkomplexe dreidimensionale Kunstwerke, die altes Wissen konservieren. In einem aufwendigen Verfahren schneidet er Geschichtstexte in verschieden große Streifen, verklebt diese unter hohem Druck zu festen Papierrollen, schneidet diese in bestimmte Formen und gestaltet daraus beeindruckende Gebilde, deren Farbigkeit aus den geschnittenen Papierrollen ergibt.
Pilze, Kunst und Politik…
Pilze und Politik. Na ja, da könnte man auf Ideen kommen…manche Entscheidungen von Regierungen dieser Erde scheinen nicht nachvollziehbar zu sein. Dass Pilze als Gestaltungsmittel dienen können und ganz gezielt in die kreativen Prozesse von Künstlern eingesetzt werden, war mir zu mindestens in dieser Form neu. Achim Großmann hat sich des Holzes und seiner unerwünschten Parasiten angenommen und beides für seine Kunstwerke beherrschbar gemacht.
Ausgangsform für seine Arbeiten sind gestockte Holzwürfel, die aus getrockneten, von Pilzen befallenen Baumstämmen geschnitten werden. Färbt man die Flächen der Würfel ein, so reagieren die von Pilzen befallenen Strukturen in anderer Weise auf die aufgebrachte Farbe und es entstehen wie zufällige Muster. Diese macht sich Großmann und sein Team zunutze, denn aus diesen Mustern entstehen händisch zusammengestellte Holzbilder, die in Rahmen geklebt werden.
Darüber hinaus schafft Großmann Skulpturensäulen, die politische Aussagekraft haben oder die auf bestimmte gesellschaftlich relevante Themen hinweisen. So zum Beispiel die Säule EU, die in den Farben der EU gestaltet wurde. Da Großbritannien ausgetreten ist, ist das Blau in Trauer dunkler ausgefallen. 27 gestockte Holzkuben in “Gelb” werden aus der blauen Säule herausragenden 27 Stahlzangen getragen.
Die gelben Kuben sind von Pilzen befallen und wie die Zangen individuell von allen anderen zu unterscheiden. Dies symbolisiert die Verschiedenartigkeit der nationalen Parlamente und Gesellschaften sowie die unterschiedlichen Arbeitsweisen der Legislativen. Überraschende Einblicke in die verpilzte Welt der Politik, nicht nur in dieser Säule hochspannend zum Ausdruck gebracht.
Weitere Informationen
Titelbild: Ausschnitt 12 Advert. Popart No 6. Foto:Dieter Hanf
Weitere Informationen über die Discovery Art Fair Frankfurt 2021: Discovery Art Fair
Interview mit Dieter Hanf: Über Fotografie, Kunst und NFTs
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