Interview mit dem maltesischen Banksy: Mario Cassar
Wir sind auf den Künstler Mario Cassar aufmerksam geworden, darauf haben wir ein wenig recherchiert. Im Jahr 2019 hatte er die Ehre auf einem heiligen Wanderweg in Palästina seine Street-Art zu präsentieren. Dafür wurde er von der Regierung seines Heimatlandes Malta ausgewählt. Sein Heimatland hat auch eine Skulptur in Auftrag gegeben, um die kleine Insel Gozo zu einem Zentrum zeitgenössischer Kunst und Kultur zu machen. Mario Cassar präsentiert als Ausnahmetalent nicht nur Malta. Er präsentiert auch das Kunst verbindet. Die universelle Vision, mit Kunst und Schönheit die Welt retten. Den meisten Europäern ist er noch nicht bekannt, allerdings befinden sich einige seiner Werke bereits in Deutschland.
Er ist nicht „nur“ bildender Künstler, sondern auch ausgebildeter Kunstvermittler. Seit 25 Jahren erschafft er Werke. In seinem Land hat er den Präsidentenpreis für Kreativität erhalten. Wir hatten ein Gespräch mit dem maltesischen Banksy.
Wie Mario Cassar den Namen „maltesischer Banksy“ erhielt?
Lesen Sie selbst!
Das original Interview wurde auf englisch geführt: Interview with Mario Cassar – Artist from Malta (ENG/DE) |
Mario Cassar im Kurzinterview
Wie ist die aktuelle Situation für dich. Chaos oder eine neue Möglichkeit?
Ich bin im Allgemeinen eine positive Person und folge im Leben der chinesischen Bedeutung der beiden Striche, mit denen das Wort „Krise“ geschrieben wurde, nämlich einer, der für Gefahr steht, der andere für Chance. In der heutigen Zeit, in der die menschliche Interaktion gefährlich geworden ist, verliert die Kunst nicht ihre einzigartige Rolle als Kommunikation. Ich probiere neue Wege der Kommunikation durch Kunst aus und denke dabei auch an Dosteovskys Zitat „Schönheit wird die Welt retten“. In der Covid-Zeit brauchen wir mehr denn je Kunst und Schönheit, um die durch die Pandemie verursachten Wunden zu heilen.
Ich habe gelesen, dass du Workshops in Valletta (Hauptstadt der Republik Malta) gibst, ist das noch aktuell?
Im Moment ist die Organisation von Gruppenveranstaltungen nicht möglich. Daher denke ich vorerst daran, diese Workshops gemäß der neuen Normalität neu zu erfinden, einschließlich der Möglichkeit, Online-Workshops zu organisieren. Ich vermisse jedoch diese schönen Zeiten, in denen ich Workshops in der Barockstadt Valletta leiten konnte. Für mich kennt zeitgenössische Kunst keine zeitlichen und räumlichen Grenzen und die Hauptstadt von Malta war der ideale Hintergrund für meine Workshops, die die Interaktion mit den Teilnehmern durch Performancekunst, Fotografie und traditionelle Kunstformen wie Zeichnen und Malen beinhalteten. Ich habe für meine Workshops sehr ungewöhnliche Orte ausgewählt, darunter Außenbereiche, Kirchen, Märkte und Dienstgebäude. Ich bin der festen Überzeugung, dass Kunst für jedermann und überall zugänglich sein sollte. Manchmal beschränken etablierte Institutionen wie Museen und Kunstgalerien die Kunst zwischen vier Wänden. Meine Workshops sollten diese Einschränkungen brechen.
„Some thing never changes“ ist eine wunderbare Skulptur. Sie spricht mich sehr an, wo steht Sie?
Und wie ist das Kunstwerk entstanden?
Diese Skulptur war eines der Siegerstücke eines nationalen Wettbewerbs mit dem Titel „Kunst im öffentlichen Raum auf Gozo“. Das Stück wurde von der maltesischen Regierung in Auftrag gegeben, um die kleine Insel Gozo, eine der Inseln des maltesischen Archipels, zu einem Zentrum zeitgenössischer Kunst und Kultur zu machen. Mein Stück wurde von meinen Begegnungen mit der Inuit-Kultur in Kanada und ihren berühmten Inukshuks inspiriert, Strukturen aus rauen Steinen, die in Form menschlicher Figuren gestapelt und traditionell als Wahrzeichen oder Gedenkzeichen verwendet wurden. Ich habe die Steine in universelle Zeichen aus Edelstahl verwandelt, die Emojis als Köpfe dieser menschlichen Darstellungen enthalten. Ich interessiere mich sehr für Semiotik und habe mein Signatursymbol, das das Herz ist, in die Mitte der Skulptur aufgenommen. Alle Symbole und Werte können sich zeitlich und räumlich ändern: Das Smiley-Gesicht kann zu einem traurigen Gesicht werden, der Dollar, der Yen oder der Euro können den Wert ändern. Liebe wird jedoch immer ewig und unveränderlich sein.
Die Skulptur befindet sich normalerweise in der Hauptstraße von Gozos Hauptstadt Victoria. Momentan wird die Skulptur jedoch an einem sicheren Ort aufbewahrt, da derzeit umfangreiche Bauarbeiten für das neue Gozo-Museum in der Nähe durchgeführt werden.
Eines deiner bekanntesten Werke, wie viele Kunstwerke hast du im Laufe deiner Karriere geschaffen?
Ich habe die Kunstwerke, die ich bisher entworfen habe, nie gezählt. Ich glaube jedoch, dass sie zu Hunderten sind. Ich kreiere seit 25 Jahren. Die meisten meiner Werke befinden sich in öffentlichen und privaten Sammlungen in mehreren Ländern, einschließlich Deutschland.
Kannst du dir eine Ausstellung in Deutschland vorstellen?
Ich freue mich darauf, die notwendigen Kontakte zu Galerien und Institutionen zu knüpfen, die mich in diesem schönen Land vertreten könnten. Als Künstler aus einem europäischen Staat, mit der universellen Vision, mit Kunst und Schönheit die Welt verbessern zu können, fühle ich mich in Deutschland immer zu Hause. Ich bin froh, dass einige meiner Werke, die ich in der Vergangenheit gemacht habe, bereits in Deutschland anklang finden konnten.
Lass uns nicht nur über die Vergangenheit reden, wodran arbeitest du aktuell?
Im Moment setze ich mehrere Projekte fort, darunter „feelHome“. Gleichzeitig plane ich neue Arbeiten. Die werde ich aber erst in naher Zukunft produzieren. Ich muss reflektieren und forschen, um Ideen zu entwickeln.
Stell dir vor, wir wären ein großes Magazin, die „New York Times“ –
Was würdest du der Welt sagen wollen?
Wir sollten dankbar sein, das es Kunst gibt. „Imagine Earth without Art! It would just sound like Eh? 🙂“
Was sollte niemals über dich an die Öffentlichkeit gelangen?
Ich versuche mein Privatleben so privat wie möglich zu halten und die Art und Weise, wie ich Ideen aus der Welt um mich herum „stehle“… dies ist jedoch ein offenes Geheimnis für alle Künstler.
Wer sollte deine Kunst unter keinen Umständen kaufen?
Ich denke, jeder kann meine Arbeit erwerben. Es wird als Kommunikationsmittel produziert und ich kommuniziere gerne mit allen, ob reich oder arm, jung oder alt, gebildet oder Analphabet. Die Tatsache, dass meine Kunst, in jeder Ecke der Welt, von einer Vielzahl von Menschen geschätzt und verstanden wird und „gültig“ ist, das ist der größte Erfolg, den ich anstreben kann.
Mit Arttrado haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, Künstler zu verbinden.
Welche Künstler möchtest du eines Tages treffen?
Es würde mir nichts ausmachen, einige der besten aufstrebenden deutschen Künstler wie Annette Kelm, Andrea Buttner, Katja Strunz und vielleicht einige Giganten wie Gerhard Richter und Rosemarie Trockel zu treffen.
Welchen Tipp hast du für junge Künstler? Oder welchen Tipp hättest du selber gerne früher bekommen?
Zu jungen Künstlern möchte ich sagen, niemals aufgeben und dem eigenen Traum folgen. Kunst ist eine Reise, die ein Leben lang dauert, uns aber unsterblich machen kann. Ich hätte diesen Rat gerne erhalten, als ich jünger war. Ich musste hart arbeiten, um alles selbst zu entdecken.
Gibt es einen Künstler, dem du sein „Talent“ öffentlich absprechen möchtest?
Ich bin nicht nur bildender Künstler, sondern auch ausgebildeter Kunstvermittler. Wenn ich diese Frage stelle, erzähle ich meinen Schülern immer davon, dass mein Vater, als er eine Tür gestrichen hat, seinen Pinsel auf einem alten Stück Holz „gereinigt“ hat. Die Ergebnisse waren immer ähnlich wie bei einigen Rothko-Werken. Mein Vater hat jedoch nie gesagt, dass er Künstler ist. Wer sagt, dass er Kunst macht, sollte willkommen sein. Meiner Meinung nach müssen Kunstpädagogik und Kunstkritik ein Jahrhundert später nach Duchamp ernsthaft über ihre Natur nachdenken und sich neu definieren.
Weise Worte, als Kunstvermittler zwischen zwei Ländern hast du auch einen kulturellen Wanderweg in Beit Jala, Palästina, mit deiner Street Art bereichert. Wie ist das Projekt entstanden?
Letztes Jahr wurde ich von der maltesischen Regierung ausgewählt, um unsere Nation in einem Kulturdprojekt in Palästina zu vertreten. Das Projekt, das ich „FeelHome: Bilder von Himmel und Hölle“ nannte, hatte verschiedene Aspekte. Das Projekt läuft noch. Es befasst sich mit Verweisen auf die verschiedenen Bedeutungen des Gefühls zu Hause zu sein.Es beinhaltete künstlerische Forschungen in Betlehem und im alten Jerusalem, wo ich daran arbeitete, Abrieb von wichtigen Inschriften und Denkmälern wie der Klagemauer, der Grabeskirche und anderen Orten in besetzten palästinensischen Staaten zu bekommen. Die maltesische Botschaft in Palästina organisierte auch Workshops mit Kindern in Beit Sahour und koordinierte meine Interventionen an verschiedenen Türen im Rahmen eines Kulturpfads in Beit Jala, um das touristische Potenzial dieser blühenden Gemeinde zu verbessern. Dort wurde mir der Spitzname „Maltese Banksy“ geprägt. Ich nahm es als eine Geste der Dankbarkeit der örtlichen Gemeinde, Kunst zu nutzen, um ihre sozioökonomische Situation zu verbessern.
Bald werden wir Werke seiner Serie „SACREDRUBBINGS“ genauer unter die Lupe nehmen.
Weitere Informationen
Titelbild: „Untitled IV“ from the SACREDRUBBINGS series (2019)
Auch auf Instagram findet man den Künstler: (@mariocassar75)
Von uns ausgewählte Veranstaltungen finden Sie unter >>>Events<<<
Wenn Sie uns über ihr spannendes Kunstprojekt informieren wollen, nutzen Sie unseren Kontakt.
Wenn Sie unser Projekt ARTTRADO unterstützen möchten, können Sie das über PayPal.