Was macht eigentlich ein Kurator? – Bettina Steinbrügge im Kurzinterview
Vor kurzem berichteten wir über die Kunstausstellung Kunst in Bayern – The Making of the Unrealised, diese wurde komplett ohne den klassischen Kurator organisiert und umgesetzt. Damit wollten die Verantwortlichen auch auf die Macht eines Kurators hinweisen, die dieser durch seine Position in der Kunstwelt hat. Es scheint also auch ohne zu funktionieren. Wir befürworten trotz des gelungenen Projektes allerdings die Zusammenarbeit mit einem Kurator und möchten hier nocheinmal unterstreichen das man das kuratieren seit einigen Jahren auch studieren kann, dies aber nicht zwinglich erforderlich ist. Was macht ein Kurator eigentlich? – Bettina Steinbrügge ist Direktorin des Kunstverein in Hamburg.Beruflich ist Sie viel beschäftigt und momentan in Beirut unterwegs. Sie nahm sich die Zeit einen kleinen Einblick zu gewähren, deshalb sagen wir hier schon einmal Danke.
Bettina Steinbrügge
Bettina Steinbrügge wurde 1970 in Ostercappeln (Niedersachsen) geboren. Nach Ihrem Abitur entschied Sie sich für Auslandsaufenthalte in den U.S.A und Frankreich. Danach studierte Sie in Kassel Kunstwissenschaft, Englische Philologie und Vergleichende Literaturwissenschaft. Nebenbei arbeitete Sie für das „Kasseler Dokumentarfilm- und Videofest“ und den Filmladen e.V. Kassel. Von 2001-2007 übernahm Sie die künstlerische Leitung der Halle für Kunst Lüneburg. Bettina Steinbrügge fungierte als wissenschaftliche Beraterin der Künstlerstätte Schloss Bleckede und war Sprecherin des Arbeitskreises der niedersächsischen Stipendiatenstätten in Hannover. Im Winter 2010 wurde Steinbrügge als Kuratorin für zeitgenössische Kunst an das Wiener Belvedere berufen.
Dort formete Sie im Team das Profil des neuen 21er Haus. Seit Anfang 2014 ist Bettina Steinbrügge die Direktorin des Kunstverein in Hamburg und ist damit die erste Frau in der über 200 jährigen Vereinsgeschichte. Sie publiziert regelmäßig zu Themen der Gegenwartskunst als Herausgeberin und Autorin.
Mir ist wichtig, den Kopf immer wieder in andere Richtungen zu wenden, um eine neue Perspektive einzunehmen, damit ich nicht auf einer Stelle stehen bleibe.
– Bettina Steinbrügge
Das Interview
Was genau macht ein Kurator?
Ein/e Kurator/in organisiert Kunstausstellungen. Das ist ein durchaus komplexes Unterfangen. Er/Sie entwickelt ein Projekt, kümmert sich um die Finanzierung des Projekts, lädt die Künstler ein, entwickelt ein Begleitprogramm, schreibt Texte, arbeitet an Werbematerialien, entwickelt den Katalog zur Ausstellung, macht Einladungslisten, schreibt eine Eröffnungsrede, gibt Führungen, spricht mit der Presse, promoted die Künstler, etc. Wenn man dazu noch eine Institution leitet, wird es zu einem unternehmerischen Handeln, da politisch und wirtschaftlich wie in einem Kleinunternehmen gehandelt wird. Die Institution hat z.B. ein Restaurant, dessen Agenden organisiert werden müssen.
Warum ist die Zusammenarbeit mit einem Kurator wichtig?
Ich verstehe den Kurator/die Kuratorin als den Sparring Partner vom Künstler/in, der/dir bei der Umsetzung des Projekts hilft und dies nach außen kommuniziert. Er/Sie gleicht ab, fordert heraus, unterstützt, beruhigt, konzeptualisiert, kontextualisiert, gibt neue Anstösse, kritisiert, motiviert, findet eine Sprache für ein Abstraktum, bietet ein Netzwerk, etc.
Was passiert sichtbar und was passiert hinter den Kulissen?
Die Repräsentation und Vermittlung passiert vor den Kulissen, die ganze Arbeit hinter den Kulissen.
Welche Kriterien gibt es für einen Kurator?
Respekt, Neugierde, Wissen um die Kunstgeschichte und die zeitgenössische Kunsttheorie, Offenheit, Organisationstalent,Kommunikationstalent, Flexibilität, Integrität, Experimentierfreude.
Welche Rolle spielt die eigene Meinung des Kurators?
Man beginnt mit einem subjektiven Interesse und gleicht dies dann mit dem Kontext ab.
Nennen Sie zwei klassische Anfängerfehler.
Man geht zuviele Kompromisse ein. Oder man hat einen falschen Zeitplan und wird nicht fertig.
Was Fehler die sich auch bei erfahrenen Kuratoren einschleichen?
Man lässt sich zu etwas überreden, von dem man weiß, dass man es nicht tun sollte.
Welche Eigenschaften muss ein Kurator von Haus aus mitbringen?
Liebe zur Kunst, Starke Nerven, Organisationstalent, Kommunikationsfähigkeit.
Was sollte ein Kurator Ihrer Meinung nach auf keinen Fall sein?
Zu eitel oder ängstlich.
Die 3 schönsten Dinge an Ihrem Beruf als Kurator?
Menschen, Kunst, Menschen!
Gibt es für Sie Schattenseiten?
Das kann man vernachlässigen. Viele würden die Selbstausbeutung angeben, aber irgendwie bin ich dennoch ein ziemlich glücklicher Mensch.
Was bedeutet Kunst für Sie?
Kunst hilft mir, das Leben zu verstehen und gibt mir die Möglichkeit, das denken immer wieder zu ändern, neue Perspektiven einzunehmen und somit niemals dogmatisch zu werden. Ich lebe mit und durch Kunst.
Für den Kunstverein in Hamburg und Bettina Steinbrügge alles gute für die Zukunft.
Weitere Informationen
Mehr über Bettina Steinbrügge und dem Kunstverein in Hamburg gibt es auf der Website: http://www.kunstverein.de/
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