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Kunst aus Niedersachsen: Judith Riemer im Interview

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Kunst aus Niedersachsen: Judith Riemer im Interview Judith Riemer wurde 1975 in Braunschweig geboren und absolvierte nach dem Abitur eine
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Die Kunstwerke von Judith Riemer sind organisch und dennoch präzise, sie folgen ihrer eigenen inneren Logik. Riemer lebt und arbeitet im Landkreis Hildesheim mit ihren Kunstwerken ist sie weltweit präsent. Zu den Highlights zählen die Teilnahme an der "Art Expo New York" im Jahr 2022 und der "World Art Dubai" im Jahr 2021.

Kunst aus Niedersachsen: Judith Riemer im Interview

Judith Riemer wurde 1975 in Braunschweig geboren und absolvierte nach dem Abitur eine Ausbildung als Bauzeichnerin. Im Jahr 2001 schloss sie ihr Studium der Innenarchitektur an der Fachhochschule Hildesheim mit dem Diplom ab. 2016, nach ihrer ersten erfolgreichen Ausstellungen, entschied sich Judith Riemer, die Karriere als freischaffende Innenarchitektin zu beenden und sich als professionelle Künstlerin zu etablieren.

​Seitdem erhielt sie mehrere Auszeichnungen, und ihre Werke wurden in Magazinen und Kunstbüchern in Belgien, Österreich, Großbritannien und Japan veröffentlicht. Zuletzt wurde Riemer im Jahr 2022 als Preisträgerin des „Talented Award“ der Ausschreibung „Flower“ durch die „Artshow International Los Angeles“ geehrt. Im Jahr 2021 war sie außerdem als Finalistin für den „Emerging Scene Art Prize Dubai“ nominiert und ihre nominierten Werke wurden auf über 1000 Screens der Elevision Media Group in Dubai und Abu Dhabi präsentiert. Ebenfalls im Jahr 2021 erhielt sie eine Doppelseite im japanischen Kunstmagazin „365art+“ in Tokio.

​Ihre Kunstwerke befinden sich in privaten Sammlungen in Deutschland, Italien und Österreich. Riemers Werke zeichnen sich durch eine fantasievoll-mysteriöse Ästhetik aus. Sie laden den Betrachter ein, in ein vielschichtiges Universum einzutauchen, in dem Zeit und Raum bewusst vage bleiben. Vertraute Elemente wie Blätter, Menschen und Tiere erfahren eine neue Deutung, um das wahre Wesen der Dinge widerzuspiegeln.

Die Künstlerin konzentriert sich dabei auf die aufmerksame und feinfühlige Beobachtung des Verborgenen.

Judith Riemer im Interview

Wo bist du grade, wie geht es dir und woran arbeitest du aktuell?

Aktuell arbeite ich an einer naturbasiert-abstrakten Werksreihe. Nach einer erzwungenen kreativen Pause in diesem Jahr, bedingt durch eine längere Erkrankung, freue ich mich nun besonders endlich wieder im Atelier sein zu können. Meine Malschüler: innen wiederzusehen und ein paar kleine Events für die Herbst/Wintersaison vorzubereiten.

Fangen wir mal ganz vorne an. Wie bist du zur Kunst gekommen und was hat dich dazu inspiriert, deine Kunst mit der Öffentlichkeit zu teilen?

Meine erste richtige Erfahrung mit Kunst hatte ich als Kind in einer Kinderkunstschule. Die besondere Atmosphäre dort, verbunden mit den Farbgerüchen und dem Gefühl, mich hier nach Herzenslust kreativ entfalten zu dürfen, hat mich sehr geprägt.

Das Malen und Zeichnen hat mich dann immer weiter begleitet und ist mit mir und meiner Persönlichkeit gewachsen. Nach beruflichen Umwegen als Bauzeichnerin und Innenarchitektin ergab sich in meiner Elternzeit die Möglichkeit, mich an einer Kunsthaus-Neugründung zu beteiligen und ein kleines Atelier zu mieten. Als Künstlergruppe hatten wir dann ab 2015 einige Gemeinschaftsausstellungen – und ich merkte schnell, dass es Menschen gibt, denen ich mit meiner Malerei etwas geben kann. Das war eine großartige Inspiration, weiterzumachen!

Wie kann man sich den Entstehungsprozess von einem deiner Werke vorstellen?

Meine Arbeit ist inspiriert von Sinneseindrücken und geprägt von einem intensiven Naturerleben. Diese Impulse sind normalerweise der Startschuss für ein neues Werk. Es kann auch sein, dass eine ausdrucksstarke Körperhaltung oder Gestik mich anspricht, so dass ich daraus eine figürliche Interpretation erstelle.

Zu Beginn wähle ich Werksgröße und Format – da ich die Keilrahmen selber zusammenbaue und bespanne, bin ich relativ flexibel und kann auch spontan entscheiden. Manchmal tackere ich auch einfach eine große Leinwand an die Atelierwand und beginne, Farbverläufe, Formen und Linien aufzutragen.

Schicht für Schicht entwickelt sich die Arbeit weiter, und ab einem gewissen Punkt überlasse ich mich dem Prozess, weil die Malerei anfängt, ein Eigenleben zu entwickeln. Skizzen mache ich nur manchmal bei figurativen Werken. Die Farbzusammenstellung mit einer eingeschränkten Palette wähle ich jedoch immer im Vorfeld sorgfältig aus.

Welche Themen oder Botschaften versuchst du mit deiner Kunst zu vermitteln?

Meine Kunst ist eine Liebeserklärung an die Fantasie: Ich beobachte aufmerksam mit allen Sinnen das Unsichtbare, und gebe meinen Wahrnehmungen auf der Leinwand Raum. Da ich ein spirituell interessierter Mensch bin, liegt mir viel an Selbstwahrnehmung, Achtsamkeit und Gefühlswelten. Von daher möchte ich auch die Betrachter gerne zu eigenen Gefühlen und individuellen Gedanken einladen, ohne allzu viel vorzugeben. Meine Arbeiten sind vielschichtig. Mysteriös und offen interpretierbar – ich erschaffe ein Universum, in dem es keine präzise definierten Situationen oder Räume gibt.

Einzelne Elemente können bekannt erscheinen (Blätter, Menschen, Tiere), sind jedoch keine naturalistischen Abbildungen, sondern spiegeln das Wesen der Dinge, wie ich sie sehe. Alles in Allem würde ich sagen: Meine Kunst ist eine Einladung, die Augen und das Herz voller Entdeckerfreude, Lebendigkeit und Neugier über das Werk reisen zu lassen.

Wie würdest du deinen künstlerischen Stil beschreiben? Hast du ein Stilmittel, was sich in jedem deiner Werke befindet und als deine Signatur betrachtet werden kann?

Mein Stil ist expressiv und orientiert sich nicht so sehr an den Oberflächen, sondern mehr an der Ausstrahlung der Dinge. Typisch für mich sind organische, abgerundete Formen und Strukturen, auch mit blattartigen Formen. Man wird keine schnurgeraden Linien, oder Ecken und Kanten in meinen Bildern finden, denn dagegen habe ich tatsächlich eine starke Abneigung.

Die gestische Energie in Form von Pinselstrichen, der Linienführung oder der Darstellung von Bewegungsdynamik ist auch ein typisches Stilmittel für mich. Dass ich in meinen figürlichen Arbeiten vorwiegend Frauenakte male, hat rein gar nichts mit der Lust an der Präsentation des weiblichen Körpers zu tun. Auf die Darstellung von Kleidung verzichte ich vor allem deshalb, weil sie schlicht die Aussage verwässert: Sie stellt eine Zuordnung zu Raum und Zeit dar, die für das, was ich ausdrücken möchte, komplett überflüssig ist.

Wie beeinflusst dein persönlicher Hintergrund deine Kunst?

Ich wuchs mit dem Gefühl auf, anders zu sein als die anderen Kinder. Meine Gedanken, Gefühle und Ideen passten häufig nicht zu dem, was von mir erwartet wurde. Deshalb suchte ich Freiräume für mich, und Zufluchtsorte für meine Fantasie. Ich fand sie in der Natur, in Büchern und beim Malen und Zeichnen.

Heute weiß ich Bescheid über meine Hochsensibilität, die bewirkt, dass ich ständig ein Übermaß an Informationen verarbeiten muss, denen ich auf geistiger, emotionaler und sensorischer Ebene ausgesetzt bin. Das lässt mich vieles wahrnehmen und bewerten, was andere gar nicht so sehen oder in Zusammenhänge bringen würden. Ich denke, das sieht man auch deutlich an meiner Kunst.

Und welche Künstler oder Kunstwerke haben dich am meisten beeinflusst?

Ganz klar van Gogh. Der Rhythmus seiner Pinselstriche hat mich schon als Kind fasziniert, und weiterhin Egon Schiele mit seinen expressiven Figuren und der Kompromisslosigkeit seiner Linien und Formen.

Wie wichtig ist es für dich, Feedback von anderen Künstlern oder Experten einzuholen?

Feedback finde ich immer interessant. Die Sicht von anderen vermittelt zu bekommen, kann sehr wertvoll sein und einen weiterbringen.

Und wie gehst du mit Kritik an deiner Kunst um?

Ich versuche, Kritik nicht zu persönlich zu nehmen und denke mir immer, dass nun mal die richtigen Menschen mit der richtigen Kunst zusammentreffen müssen, damit es passt. Natürlich spricht meine Arbeit nicht jeden an, das kann auch nicht das Ziel sein. Ich weiß jedoch, dass einige Menschen meine Bilder und Sichtweisen als sehr bereichernd empfinden, und das macht immer wieder Mut.

Du hast deinen Hauptjob beendet und bist vollberuflich als Künstlerin aktiv. Wie gehst du mit dem Druck um, erfolgreich zu sein?

Ich muss schon sehr aufpassen, dass ich mich nicht zu sehr im Erfolgsdruck verbeiße. Etwas zu sehr zu wollen, gehört leider zu den Dingen, die ich noch loslassen darf. Wenn man immer, immer mehr macht und sich das Rad immer schneller dreht, dann verliert man leicht den Blick auf das große Ganze. Und verrennt sich am Ende komplett.

Wie gehst du mit Selbstzweifeln um?

Ich warte ab, bis die Welle wieder über mich hinweggespült ist und versuche dann besonders daran zu denken, wie viel ich bereits geleistet habe. Und ich erinnere mich ganz bewusst an Momente, die besonders und berührend waren, die es beispielsweise bereits mit Menschen gab, die sich für meine Kunst entschieden haben.

Wie hältst du die Balance zwischen kommerzieller Kunst und persönlicher künstlerischer Vision?

Ich überlege schon sehr genau, worauf ich mich einlasse. Natürlich versuche ich zu verstehen, warum sich manches besser verkauft als anderes, und möchte meine Erkenntnisse in meinen Prozess einfließen lassen. Aber viel wichtiger als der aktuelle Trend ist es für mich, mir selbst und meiner eigenen Handschrift treu zu bleiben.

Bist du experimentierfreudig bzw. kannst deine Kunst mit anderen Disziplinen verbinden?

Das kann spannend sein! Meine Werke habe ich bereits auf Kissen, Notizbüchern etc. drucken lassen, allerdings nur in kleinen, limitierten Auflagen. Kunst und Musik ist auch eine schöne Kombination, weil das sehr inspirierend ist. Ich könnte mir auch gut vorstellen, für eine Branding-Kooperation mit einem Unternehmen zusammenzuarbeiten, wenn es wirklich passt. Kunst in einen anderen Kontext zu stellen, kann neue, spannende Möglichkeiten eröffnen.

Wie viele Werke von dir sind bis heute eigentlich entstanden? Und was passiert, wenn du mit einem Werk einmal nicht zufrieden bist?

Grob überflogen müssen es mehr als 150 Leinwandarbeiten seit 2014 sein, die vielen Zeichnungen und Mixed-Media Papierarbeiten sind dabei nicht mitgezählt. Wenn mir ein Werk nicht (mehr) gefällt, ziehe ich die Leinwand ab und nutze den Keilrahmen für etwas Neues. Manchmal lagere ich die alten bemalten Leinwände, aber ich habe auch schon Bilder zerschnitten und daraus Stifte Mäppchen, Münztaschen oder ähnliches genäht, die ich dann auf Ausstellungen oder Märkten verkauft habe.

Muss Kunst einen bestimmten Zweck erfüllen?

Auch wenn ich mich persönlich nicht gerne damit konfrontiert sehe, dass ein Kunstwerk „übers Sofa“ passen soll, habe ich doch Verständnis dafür, dass Kunst auch zweckgebunden eingesetzt werden kann. Aus meiner früheren Berufstätigkeit als Innenarchitektin weiß ich genau, wie Raumwirkungen durch Kunst verändert werden können. Und dass es auch Sinn macht, Kunstwerke bewusst zu platzieren.

Mit Kunst als reiner Investition, die nur gelagert wird, tue ich mich schwer. Man kennt das aus der hochpreisigen Kunstbranche – plötzlich ist so ein Kunstwerk nur noch ein Spekulationsobjekt. Das finde ich schwierig und schade, auch emotional betrachtet für die Künstler.

Wie würdest du den aktuellen Stellenwert von Kunst in der Gesellschaft sehen?

Leider befürchte ich, dass Kunst immer mehr zu etwas Elitärem wird. Gerade in der momentanen Krise und Inflation ist es illusorisch zu glauben, dass das allgemeine Augenmerk sich vermehrt auf Kunst richten wird. Mit Kunst erreicht man zurzeit sicher vor allem diejenigen, die schon immer ein Interesse daran hatten.

Und welche Rolle spielt die Gesellschaft in deiner Kunst?

„Die Gesellschaft“ als Gesamtheit spielt für mich keine so große Rolle. Es ist mir wichtig, jeden Menschen als Individuum zu betrachten – und so soll auch meine Kunst dazu ermutigen, den ganz persönlichen, eigenen Wahrnehmungen zu vertrauen und sich darauf einzulassen.

Meine Vorstellung ist die, dass ein Mensch der bewusst sieht, fühlt, und in sich ruht, auch seinen Mitmenschen freundlich begegnen wird. Mit meinen Bildern schaffe ich Freiräume für diese bewusste Individualität. Ich glaube wirklich daran, dass nur daraus mehr Offenheit, Toleranz und gegenseitige Wertschätzung entstehen kann. So gesehen bin ich vielleicht doch wieder bei „der Gesellschaft“, für die ich mir insgesamt genau diese Werte wünsche.

Kannst du dir vorstellen, auch eines Tages neben der Malerei in anderen Bereichen aktiv zu sein?

Ja, solange es eine Tätigkeit ist, die mir kreative Freiräume lässt. Ich arbeite gerne als Mal- und Zeichendozentin. In kleinen Gruppen oder mit Einzelcoachings – und für die Zukunft könnte ich mir auch vorstellen, mich mit dem Bereich der Illustration von Kinderbüchern näher zu befassen.

Danke dir für deine Zeit und Mühe!

Weitere Informationen

Mehr über die Künstlerin finden Sie auf der Webseite: www.judithriemer.art

Ausgewählte Arbeiten der Künstlerin finden Sie in Kürze bei uns im Shop!

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