Wie man nicht mit Künstlern umgehen sollte! Heute mit der Fotokünstlerin CP Krenkler, die darauf hinweist, dass Künstler ihre Interviews vor einer Veröffentlichung immer gegenlesen sollten,...
CP Krenkler: Künstler sollten ihre Interviews gegenlesen!
In unserer Serie „Wie man nicht mit Künstlern umgehen sollte…“ veröffentlichen wir Erfahrungsberichte von Künstlern. Zuletzt ging es um den Berliner Künstler Albrecht, der uns einen Einblick in seine (schlechte) Erfahrung mit einer online-Galerie gewährte. Heute geht es um das Thema Interviews und der Umgang mit Medien, folgendes ist passiert:
Die Fotokünstlerin CP Krenkler bekam eine Interviewanfrage für ein Interview von einem größeren Norddeutschen Medienkonzern, der diverse Print-Magazine und Zeitungen veröffentlicht. Angefragt wurde ein Interview im direkten Gespräch, welches anschließend als Text gedruckt werden sollte. Eigentlich eine schöne Nachricht, denn natürlich freuen sich Künstler, wenn Medienhäuser Interesse an ihrer Arbeit zeigen. Das Medien es aber nicht immer gut mit den Interviewpartnern meinen, zeigt das folgende Beispiel von CP Krenkler.
Uns geht es nicht darum Journalisten an den Pranger zu stellen, aus diesem Grund zensieren wir den Namen des Journalisten und alle Details, die Hinweise darauf geben könnten. Die verschriftlichte Originalfassung des Interviews, welches in erheblichen Maße die Antworten der Künstlerin CP Krenkler verfälscht, sowie die korrigierte Version von CP Krenkler liegt uns vor. Das geplante Interview wurde nie veröffentlicht – da der Journalist sich weigerte, seine fehlerhafte Wiedergabe der Antworten zu korrigieren. Was unter anderem bedeutet, dass er für die Künstlerin nutzlos ihre Kapazitäten beansprucht bzw. verbrannt hat. Zeit, die CP Krenkler lieber dazu genutzt hätte, produktiv an ihren Projekten weiter zu arbeiten.
Es befanden sich in der vom Journalisten geplanten Endfassung des Interviews Worte und Aussagen, die die Künstlerin nicht getroffen haben will. Die Künstlerin forderte zeitnah die original Tonaufnahmen des Interviews per E-Mail an und setzte uns ins Blindcopy; der Journalist antwortete, dass diese auf Grund der Speicherkapazitäten auf seinem Arbeitsgerät bereits gelöscht wären, es ist uns also nicht möglich dies genau zu kontrollieren.
Die Künstlerin räumt ebenfalls ein, das sie im Zeitraum des Interviews stressbedingt und gesundheitlich an ihren Grenzen gewesen ist und es durchaus möglich sein kann, dass sie sich missverständlich ausgedrückt hatte. Sie aber aufgrund dieser Umstände auch nur zugesagt hatte, da ihr garantiert worden ist, dass Interview Korrektur lesen zu können.
Wir halten die Künstlerin für glaubwürdig. Sie wird durchaus in der Lage dazu sein, ihre eigene Wortwahl zu erkennen. Wer, wenn nicht sie, weiß besser, wie sie sich nie ausdrücken würde. Es befanden sich Formulierungen in dem Interview, die sie niemals treffen würde. Ein weiterer Grund dafür, das Interview nicht mehr zu veröffentlichen, ist unter anderem die Tatsache, dass die Künstlerin nicht von Anfang an wusste, dass das Interview auf eine bestimmte Anzahl von Worten bzw. Zeichen begrenzt ist und ihre Korrektur nicht mehr der geforderten Anzahl an Zeichen entsprach, was jedoch leicht hätte gekürzt werden können. Der Künstlerin CP Krenkler ging es nur um eine authentische Wiedergabe ihrer Worte, die Länge spielte für sie keine Rolle.
unveröffentlichtes Interview mit CP Krenkler
Im Interview wollte der Journalist private Details (Gesundheit, Familie,) über die Künstlerin veröffentlichen und reagierte aggressiv als CP Krenkler diese Informationen nicht veröffentlicht haben wollte. Diese Stellen können wir, um die Künstlerin zu schützen, nicht vergleichen bzw. veröffentlichen. Wir haben drei Beispiele, herausgesucht, die ungemein aussagekräftig sind für die Arbeitsweise des Journalisten. Diese haben wir aus dem Email Verkehr der beiden entnommen. Die Fett-markierten Sätze werden zu 100% nicht von der Künstlerin stammen. In Rote ihre Anmerkung dazu. Kursiv die Wiedergabe des Journalisten.
Frage des Journalisten: Sind Manhattan oder Brooklyn nicht geradezu ein Vorbild für eine moderne Entwicklung? So viel Musik und Kultur, Gastronomie und Unterhaltung wie zur Zeit, gab es auf St. Pauli doch nie?
Antwort: Gentrifizierung findet weltweit statt und muss nicht immer automatisch schlecht sein. (DOCH!!!! IMMER UND AUTOMATISCH) Ein Kernproblem auf St. Pauli ist, das die Menschen, die Werte schaffen und einen Stadtteil interessant machen, nicht diejenigen sind, die auch an den steigenden Werten verdienen. Das sind die Immobilienbesitzer, die aber nichts dafür getan haben. Die anderen müssen dafür zahlen und im schlimmsten Fall sogar gehen. Das ist doch absurd.
Mit dem ersten Satz lässt der Journalist den Leser glauben, CP Krenkler würde Gentrifizierung in New York gut finden. Seit Jahren thematisiert CP-Krenkler Gentrifizierung als Missstand in ihren Arbeiten. Gentrifizierung ist sogar seit fast zehn Jahren bereits das Kernthema ihrer Arbeit. Es stellt sich die Frage, warum dem Journalisten ein derartiges Basiswissen entgeht.
Auf die Frage warum CP Krenkler sich vom Staat als Solo-Selbstständig diskriminiert fühlt, schrieb der Journalist in CP Krenklers Antwort, sie hätte keine Geschäftskosten. Wir wundern uns doch sehr, wie ein angeblich etablierter Journalist zu der Annahme kommt, dass Selbstständige keine Geschäftskosten haben.
Die Situation als Solo-Selbständige ist echt hart. Am Anfang hatte ich 10.000 Euro als Soforthilfe bekommen, das hat mir ein Stück Grundsicherheit und Urvertrauen in den Staat gegeben. Pünktlich zum zweiten Lockdown kam die Rückzahlungsaufforderung, weil das Geld an Bedingungen geknüpft war, die ich gar nicht erfüllen kann (Habe ich so nicht gesagt, die Bedingungen wurden nicht verständlich genug transportiert, das habe ich kritisiert). Denn Selbständige bekommen Soforthilfe nur für Geschäftskosten, ich hatte ja aber keine Geschäftskosten als Solo-Selbständige (Natürlich habe ich Geschäftskosten wie jeder Selbstständige, sehr hohe sogar). Gleichzeitig habe ich das Gefühl, wir pumpen bedingungslos Geld in den Schutzschirm für große Konzerne. Ich habe sogar Verständnis dafür, wegen der Arbeitsplätze, aber warum knüpfen wir die Hilfen nicht auch an Bedingungen, zum Beispiel an knallharte Klimaziele? Ich bekomme als Solo-Selbständige nicht mal wie Angestellte Kurzarbeitergeld (Natürlich bekomme ich kein Kurzarbeitergeld, Kurzarbeitergeld ist für Angestellte, das habe ich niemals so formuliert. Was ich Ihnen versucht habe zu erklären, ist, dass der Staat den Solo Selbstständigen hätte zugestehen müssen, zumindest einen Teil für Essen und Miete ausgeben zu dürfen).“
Ebenso legte der Journalist in Bezug auf den Stadtteil St. Pauli eine völlig falsche Aussage in den Mund.
…Ich kenne viele Hamburger, die deshalb schon gar nicht mehr auf den Kiez gehen. St. Pauli wird zu einer völligen Parallelwelt (VÖLLIG FALSCH, ich habe gesagt, die Einsätze der Davidwache finden INNERHALB St. Paulis meist in einer Parallelwelt statt, nämlich der der betrunkenen Touristen).
Selbst im einleitenden Text, der an sich sehr schön formuliert ist, befinden sich eklatante journalistische Fehler. Der Journalist gab an, 40 Jahre lang für eines der zwei größten deutsche Nachrichtenmagazine gearbeitet zu haben und wir fragen uns, angesichts dieser offensichtlich nicht einmal im Ansatz getätigten Recherche, welche Position dieser Journalist in dem bekannten Nachrichtenmagazin tatsächlich hatte. In Rot CP Krenklers Anmerkungen.
Sie interessiert sich ganz besonders für Menschen und Subkulturen (stimmt nicht, „Subkulturen“ sind nicht mein Schwerpunkt, aber ja das Thema meiner Arbeit ist immer der Mensch und seine Umgebung). CP Krenkler fotografierte Punks und die zwangsgeräumten Bewohner der ESSO-Hochhäuser auf St. Pauli (ich habe die Bewohner der Esso-Häuser in ihren Wohnungstüren portraitiert, bevor eine Zwangsräumung überhaupt auch nur zu absehbar gewesen ist. Korrekt sind es also nicht die „zwangsgeräumten“ Bewohner gewesen, sondern die Menschen, die in dem Haus lebten). Sie porträtierte Gäste des „Elbschlosskeller“ auf dem Kiez, der 24 Stunden am Tag geöffnet ist und gern als „härteste Kneipe“ des Landes bezeichnet wird (ich habe sie nicht portraitiert, sondern eine dokumentarische Fotoarbeit gemacht. Ein Portrait ist in der Regel ein geplantes Shooting, bei dem im Vorfeld mit dem Portraitierten die Ideen für die Umsetzung besprochen werden). Zuletzt begleitete sie zwei Jahre lang Polizisten der Davidwache auf Streife und stellte ihre Impressionen im „Museum für Arbeit“ aus. Die Fotografin, die von Freunden seit ewigen Jahren „Paul“ gerufen wird, ist in Stuttgart geboren und in der Auto-Stadt Sindelfingen aufgewachsen. 2007 kam sie nach Hamburg und machte ihr Diplom an der Hochschule für Bildende Künste (HfbK). Ihre Diplomarbeit “Buy, buy – St. Pauli”, für die sie die Note „sehr gut“ erhielt, ist eine künstlerische Auseinandersetzung mit dem Ausverkauf ihres Heimat Stadtteils. Inzwischen teilt sie ihr Leben zwischen Hamburg-St.Pauli und New York City auf. Dort wohnte sie fünf Jahre in einer Künstler-WG in Williamsburg mit ihrer Freundin, derzeit hat sie eine Bleibe in Bed-Stuy im Norden von Brooklyn. Corona hat ihre beruflichen Planungen in Hamburg ziemlich durcheinander gebracht. Aber noch in diesem Jahr, so hofft sie, wird ihr Bildband über das Leben im Elbschlosskeller auf den Markt kommen (Ich habe nie von einem Bildband über den Elbschlosskeller gesprochen, geplant ist ein Bildband über die Esso-Häuser, deren Bewohner, deren Kampf um den Erhalt und meine Kiez-Portrait Serie.)
Fazit
Es kam nicht zu einer Veröffentlichung und somit gab es keinen im ersten Moment ersichtlichen Schaden. Jedoch ist die Tatsachen, dass der Journalist von der Künstlerin CP Krenkler unnötig mehrere Tage beansprucht hat, Schaden genug. Gerade in Zeiten der Pandemie, sind Kapazitäten, wie Arbeitszeit ein hohes Gut, da vor allem Künstler und Künstlerinnen durch den Lockdown in eine existentiell mehr als schwierigen Lage geraten sind und ihre Kraft und Zeit dafür benötigen, ihre Existenz zu retten.
Noch viel größer wäre der Schaden jedoch gewesen, hätte die Künstlerin nicht zur Bedingung gemacht hat, dass das Interview nur von ihr autorisiert werden veröffentlicht werden darf. Viele Künstler vergessen dies leider und geben den Medien damit mehr Handlungsfreiheit als nötig. Immer wieder melden sich Künstler bei uns, deren Vertrauen missbraucht wurde. Dies ist der erste uns bekannte Fall, bei dem ein Künstlerin nicht die Kontrolle abgegeben hat, dem offensichtlich auf sie ausgeübten Druck nicht nachgegeben hat und gesagt hat, in meinen Worten oder gar nicht. Die meisten Künstler beugen sich der „Macht“ der Medien und gehen zu viele Kompromisse ein, freiwillig oder unfreiwillig, aber den am Ende hat der Künstler das Nachsehen und der unfaire Umgang wird immer mehr „normalisiert“.
Jeder Mensch sollte das Recht haben Nein! zu sagen. Hätte der Journalist ernsthafte Interesse daran gehabt, einen authentisches Interview mit CP Krenkler zu machen, wäre er auf CP Krenkler ihre Vorschläge zur Lösung des Konfliktes eingegangen. Das „Nein“ des Journalisten ist in unseren Augen ein falscher Ansatz, mit Kritik umzugehen und dient allein dem Journalisten dazu, sich über die Künstlerin zu stellen. Zusammenarbeit auf Augenhöhe sieht anders aus.
Wir sind den gesamten E-Mail Verkehr des Journalisten mit CP Krenkler durchgegangen. Eine Stelle darin schockierte uns besonders. Der Journalist, der immer wieder auf seine (in seinen Augen) erfolgreichen Karriere verwies, verglich CP Krenkler mit „Despoten.“ Selbst Despoten seien leichter im Umgang als CP Krenkler gewesen. Es fiel uns schwer beim lesen nicht in lautes Lachen auszubrechen. Wir kennen und verfolgen CP Krenklers Karriere seit vielen Jahren und freuen uns immer wieder über den unkomplizierten Umgang mit ihr. In unseren Interviews mit ihr, ist sie immer sehr fokussiert und professionell. Was uns allerdings traurig stimmt, ist, dass CP Krenkler sagte, es sei keine Seltenheit in ihrem Beruf, dass Männer sich derart überheblich verhalten. CP Krenkler hat aus der Sache gelernt und uns einen Rat für alle Künstlerinnen mit gegeben, die noch am Anfang stehen: „Spricht der Journalist zu lange über seine Karriere, sofort die Interviewanfrage ablehnen! Dann ist es ein Mansplainer* und er hat kein echtes Interesse. Nur er selbst ist wichtig. Oder zumindest für alles gewappnet sein und so selbstbewusst und entschlossen wie möglich aufzutreten. “
Eine geregelte Absprache und deren Einhaltung beider Parteien hätte mit Sicherheit ein schönes Interview ergeben. So bleibt leider nur Unzufriedenheit auf beiden Seiten. Ob die Original-Tonspuren wirklich gelöscht wurden, wagen wir zu bezweifeln. Künstler sind auf der sicheren Seite, wenn Sie schon gleich eingangs festlegen, dass ihnen per se eine Kopie der originalen Aufnahmen ausgehändigt wird.
Wir von Arttrado möchten Künstlern und Künstlerinnen dringend ans Herz legen: „Gebt nie die Kontrolle über euer Wort ab! Besteht darauf, dass Interviews oder den Artikel vor der Veröffentlichung lesen zu können.“ Sich im nachhinein über ein falsch veröffentlichtes Interview zu beschweren und die Folgen zu beheben, ist deutlich Zeit- und Kostspieliger als es vor einer Veröffentlichung gegenzulesen und der Schaden nur noch schwer zu kitten. Was erstmal in der Welt ist, ist in der Welt.
Wenn der ein oder andere Künstler aus dieser Erfahrung noch etwas lernen kann, war der Stress für die Hamburger Fotokünstlerin wenigstens nicht umsonst.
Wir bedanken uns zudem bei der Künstlerin CP Krenkler für ihren Mut, das vorgefallene öffentlich zu machen.
Wer nun neugierig ist, hier das Interview welches CP Krenkler in ihre eigenen Worte gefasst hat und welches nie veröffentlicht wurde. Aus rechtlichen Gründen wurden die Fragen in Stichworten wiedergegeben oder geringfügig im Wortlaut verändert.. Wir finden, sowohl der Journalist als auch die große Norddeutsche Zeitung haben eine Chance verpasst.
Zum „unveröffentlichten“ Interview
Weitere Informationen
Titelbild: Lockdown in New York „Pandemic City“ by CP Krenkler
Mehr über CP Krenkler: https://krenkler.eu/
Limitierte Werke der Künstlerin bei uns im Shop: Grand Central Station – Pandemic City by CP Krenkler
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