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Ein Artikel von Petra Kohse
Restriktive Kulturpolitik – Nicht nur in Israel ist die Freiheit der Kunst bedroht

Ein Artikel von Petra Kohse, zuerst erschienen auf https://www.berliner-zeitung.de.  Von uns als wichtig und gut empfunden, deshalb halten wir Ihn hier
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Ein Artikel von Petra Kohse, zuerst erschienen auf https://www.berliner-zeitung.de. 

Von uns als wichtig und gut empfunden, deshalb halten wir Ihn hier noch einmal fest. Weitere Informationen über die Autorin finden Sie im Anhang.

Restriktive Kulturpolitik – Nicht nur in Israel ist die Freiheit der Kunst bedroht

Niemand habe die Absicht, Kunst zu verbieten, versichert die israelische Kulturministerin Miri Regev stets, wenn das von ihr geplante „Kulturtreuegesetz“ als zensorisch kritisiert wird. Bestimmte Kunst solle nur nicht mehr gefördert werden. Wenn sie zu Gewalt aufrufe etwa. Oder den Tag der Staatsgründung Israels nicht als Feier-, sondern Trauertag bezeichne. Oder bezweifle, dass es sich bei Israel um eine Demokratie handle …

In Russland wiederum gibt es längst nicht nur kein Geld, wenn man (wie die israelische Künstlerin Natali Cohen Vaxberg) auf eine Flagge kackt, sondern sogar Bußgeldverfahren, wenn man auf einer Bühne das Wort „Kacke“ bloß ausspricht. (Was zwar eine jahrhundertelange Tradition des Realismus beendet, aber in der Politik zählt ohnehin zunehmend das Absurde.) Auch Ungarn lässt sich nicht lumpen, und in Brasilien geht es der Kultur gleich ganz an den Kragen.

Will sagen: Es gibt durchaus ein Momentum für restriktive Kulturpolitik. Dennoch wurde Regevs „cultural loyalty bill“ jetzt nicht wie erwartet dem israelischen Parlament vorgelegt, sondern die Regierung Netanjahu hat die Verabschiedung auf unbestimmte Zeit verschoben. Was allerdings nicht dem Protest der israelischen Künstler geschuldet sein dürfte, sondern eher der Tatsache, dass der Regierung gerade die Mehrheit fehlt.
Miri Regev selbst ist, wie die Jerusalem Post berichtet, zuversichtlich, dass die Sache noch wird und verweist auf die „70 Prozent der Bevölkerung“, die hinter ihr stünden.
Allerdings sind Kunst und Kultur anders als Demokratie natürlich keine Frage der Mehrheit. Sie sind auch viel weniger vom Staat abhängig als er von ihnen. Kunst und Kultur brauchen nicht mehr als Geld und Ruhe. Der Staat aber kann nur aus ihrer Freiheit die Kraft der Bilder beziehen, die im internationalen Austausch der Völker die einzige Währung ist, die zählt. Und Freiheit gibt es nur ganz oder gar nicht.

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Titelbild:  Ein israelischer Künstler protestiert am 25.11. vor der Knesset gegen das geplante „cultural loyalty bill“ (Kulturtreuegesetz). Auf dem Plakat steht „“Seid loyal und haltet den Mund“.Foto:AFP

Petra Kohse

Petra Kohse ist Redakteurin im Feuilleton der Berliner Zeitung. Die promovierte Theaterwissenschaftlerin ist Mitgründerin von nachtkritik.de, Buchautorin und war von 2010 bis 2017 in der Berliner Akademie der Künste zuständig für den Bereich Darstellende Kunst.

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