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Kunstjunkie? – Interview mit Jakob Schwerdtfeger

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Kunstjunkie? – Interview mit Jakob Schwerdtfeger Jakob Schwerdtfeger bezeichnet sich selbst als „Kunstsüchtig“. Seine Art und Weise, wie er Kunst
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Jakob Schwerdtfeger verbindet Kunst und Komik. Er ist Stand-up-Comedian, Autor und Webvideoproduzent. Nebenbei macht er Musik. Ein vielseitiges Talent. Vor seiner Bühnenlaufbahn war Schwerdtfeger im renommierten Städel Museum in Frankfurt als Kunsthistoriker tätig. Er hat sich die Zeit genommen, uns ein paar Fragen zu beantworten.

Kunstjunkie? – Interview mit Jakob Schwerdtfeger

Jakob Schwerdtfeger bezeichnet sich selbst als „Kunstsüchtig“. Seine Art und Weise, wie er Kunst und Comedy verbindet und beispielsweise den Expressionismus in 100 Sekunden erklärt, ist einzigartig. Immer mit einem Augenzwinkern, trotzdem vermittelt Schwerdtfeger  dabei eine Menge Wissen aus der Kunstwelt. Damit macht er das große Thema Kunst auch für jüngere Zuschauer zugänglich.

Hat er schonmal was im Museum kaputt gemacht? Ist im Museum zu arbeiten langweilig? Was macht ein Kunsthistoriker überhaupt? und welchen Künstler findet er hässlich – bzw. wessen Werke?

Interview mit Jakob Schwerdtfeger

Ein leichter Einstieg, wie geht es dir und woran arbeitest du aktuell?

Mir geht’s gut. Aktuell arbeite ich viel an meinem Youtube-Format „Kunstjunkie“. Darin verbinde ich Kunst mit Entertainment – ich will das Thema einfach humorvoll angehen. Da ich Recherche, Drehbuch, Filmen und Schnitt alles alleine mache, ist das ziemlich viel Arbeit. Außerdem bin ich gerade wieder mehr mit meinem Comedyprogramm „Ein Bild für die Götter“ auf Bühnen unterwegs. Auch da geht es viel um Kunst – also lustige Anekdoten, die mir im Museum passiert sind oder ungewöhnliche Blicke auf Kunstwerke.

Bevor du dich der Bühne gewidmet hast, hast du im renommierten Städel Museum in Frankfurt gearbeitet. – War dir die Museumsarbeit zu langweilig?

Nein, die Arbeit war gar nicht langweilig. Ich hab da an sehr spannenden digitalen Projekten gearbeitet – zum Beispiel an einem Computerspiel für Kinder. Das hätte ich mir niemals träumen lassen nach einem Kunstgeschichtsstudium mal ein Computerspiel mitzuentwickeln. Das mit der Bühne habe ich die ganze Zeit parallel gemacht. Irgendwann wurden die Auftritte dann aber immer mehr. Also habe ich gedacht: „Ok, ich ziehe das mit der Bühne Fulltime durch. Wenn ich es jetzt nicht mache, dann mache ich es nie.“ Die Entscheidung ist mir aber wirklich nicht leicht gefallen.

Was sind die Aufgaben eines Kunsthistorikers?

Die Kunst sachlich und wissenschaftlich zu erforschen, zu dokumentieren, einzuordnen und Lesweisen anzubieten. Das klingt jetzt sehr trocken und das ist es teilweise ja auch. Deshalb versuche mit Humor einen anderen Zugang zu schaffen, der vielleicht etwas emotionaler und subjektiver ist.

Mich erstaunt ein bisschen dein Alter. Ich dachte, Museumsmitarbeiter müssen so alt sein, wie die ausgestellten Werke. Du hast direkt nach dem Studium angefangen, wäre ein solcher Einstieg ohne Studium überhaupt möglich?

Nein, das Kunstgeschichtsstudium ist die Voraussetzung, um im Museum zu arbeiten, wie ich es gemacht habe. Das Studium über habe ich auch schon im Städel gearbeitet, insofern war ich mit dem Haus und Leuten bereits vertraut.

Müssen Experten sich auf eine Epoche festlegen um glaubhaft zu wirken, oder kann man auf allen Hochzeiten tanzen?

Wenn du Expertin oder Experte für einen Bereich sein willst, dann musst du dich ja zwangsläufig festlegen und spezialisieren, um eben eine Expertise entwickeln zu können. Aber es geht natürlich auch sich breiter aufzustellen.

Fühlen sich einige Kunstexperten von dir auf den Schlips getreten?

Meines Wissens nach nicht. In der Regel können die gut über sich selbst lachen. Ich mache mich auf der Bühne ja sehr breit über die Kunstwelt lustig. Das Bildungsbürgertum kriegt außerdem selten sein Fett weg. Ich glaube, das können die ab.

Du machst dich aber nicht nur „stumpf“ lustig, sondern vermittelst dabei auch Wissen – in meinen Augen ansprechender, als es die meisten Galerien und Museen bisher hinbekommen. Würdest du dir wünschen, das junge Leute sich mehr mit Kunst auseinandersetzen?

Ich habe das Gefühl, dass sich junge Menschen durchaus mit Kunst beschäftigen. Gerade in Hipsterkreisen ist es ja chic zeitgenössische Kunst zu kennen. Aber ja, insgesamt finde ich, dass sich noch viel mehr Menschen mit Kunstbeschäftigen sollten. Es ist einfach so ein bereichernder und spannender Kosmos, der alle Lebensbereiche berührt. Leider wird Kunst allerdings öfter mal dröge und teilweise auch unnötig elitär vermittelt. In gängigen
Kunstvideos läuft dann klassische Musik im Hintergrund, während die Bilder in Zeitlupe gefilmt werden. Das finde ich nicht mehr ganz zeitgemäß, um auch eine jüngere Zielgruppe anzusprechen. Deshalb bemühe ich mich auch keine komplizierten Fachbegriffe zu benutzen oder sie dann auf jeden Fall zu erläutern. Ich finde, man muss die Leute da abholen, wo sie stehen – also Kunst auch an deren Lebensrealität andocken und gucken: „Wo hat Kunst was mit deren Alltag zu tun?“

Welche Veränderungen würdest du dir für den Kunstmarkt wünschen?

Der Kunstmarkt ist ja unfassbar komplex – da steige ich nicht bis ins Detail durch. Je mehr ich darüber lese desto weniger verstehe ich, wie die Preise zustande kommen. Aber ich würde mir mehr Transparenz wünschen. Ich finde es zum Beispiel unverständlich, dass Galerien oft keine Preisschilder neben den Werken haben. Wie soll man denn da ein Gefühl für den finanziellen Wert von Kunst bekommen? Außerdem ist Geld doch immer interessant – auch die Preise miteinander zu vergleichen.

Hast du einen Tipp für Kuratoren/Galeristen, um sich auf dem Kunstmarkt zu „halten“ bzw. zu etablieren?

Naja, ich bin weder Kurator noch Galerist, deshalb kann ich das nur als Konsument sagen. Ich würde mir bei einigen Galerien eine stärkere Wohlfühlatmosphäre wünschen. Es ist selten, dass ich in eine Galerie komme und mich erwünscht fühle. Oft schauen die Menschen nicht mal von ihren Bildschirmen auf oder bieten an die Kunst zu erklären. Das ist ein bisschen wie in einem Prada-Store, wo man direkt denkt:“ Ok, scheinbar passe ich hier nicht rein.“

Das finde ich schade, weil sich in Galerien zeitgenössische Kunst so toll erfahren lässt. Und was das Kuratorische angeht: Ich finde es gibt echt gute Ausstellungen in Deutschland – vielleicht braucht es 2021 nicht gefühlt 50 Beuys-Ausstellungen, aber ansonsten ist das ja sehr vielfältig. Insgesamt fände ich den Fokus auf etwas mehr Verständlichkeit gut. Ausstellungskataloge richten sich bis heute hauptsächlich an die Fachwelt, dabei ist das Gros des Publikums Laien. Manchmal bin ich mir bei hoch gestochenen Texten in Ausstellungen nicht sicher: „Geht es dir darum, Kunst spannend zu machen oder will du möglichst schlau wirken?“

Im Museum schon mal was kaputt gemacht?

Nein, aber ich habe mega Schiss davor, dass das aus Versehen mal passiert.

Galerie oder Museum?

Museum, weil die größer sind und da mehr zu sehen ist.

Wieviel Wein hast du während deiner künstlerischen Laufbahn verbraucht? (Wenn du mir noch sagst wie viele Schritte du am Tag läufst können wir deinen Weinverbrauch pro Kilometer ausrechnen)

Ich zähle meine Schritte nicht und die Gläser Wein auch nicht – beides ist aber sicher nicht wenig.

Ein Künstler den du völlig „überhyped“ findest, bzw. vielleicht sogar seine Relevanz absprechen würdest?

Die Kunst von Jonathan Meese kann ich nicht leiden. Relevant ist der vielleicht, aber find´s einfach hässlich.

Dein Lieblingsbild, und warum?

Ich hab kein spezielles Lieblingsbild, aber ich finde sehr viele abstrakte Werke von Emil Schumacher enorm bewegend. Warum mich diese Bilder so berühren, wüsste ich selbst gerne. Ich kann da ewig davor stehen und immer wieder was Neues entdecken.

Welchen Künstler würdest du gerne treffen und warum?

Maurizio Cattelan würde ich gerne mal treffen. Der gilt ja ein bisschen als der Hofnarr der Kunst und ich finde viele Werke von ihm sehr lustig. Da wüsste ich schon gerne, wie der kreativ arbeitet.

Deine Zukunftspläne?

Ich würde sehr gerne endlich meine Bühnenshow richtig viel spielen. Ich habe anderthalb Jahre daran gearbeitet, war ready und genau dann kam Corona. Und ich hätte Bock irgendwann im Fernsehen oder so zu landen und da Kunst unterhaltsam zu vermitteln.

Stell dir vor wir wären ein großes relevantes Magazin, die New York Times oder ähnliches, was würdest du der Welt gerne noch mit auf den Weg geben?

Folgt mir auf Insta, geht in meine Comedyshow und guckt meine Youtubevideos. Ich denke, das ist eine gute Botschaft.

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Jakob Schwerdtfeger – Tourplakat: Ein Bild für die Götter – Foto: Marvin Ruppert

Was darf auf keinen Fall über dich an die Öffentlichkeit gelangen?

Das behalte ich mal schön brav für mich.

Danke dir für deine Zeit und Mühe!

Weitere Informationen

Titelbild: Jakob Schwerdtfeger/Foto: Pierre Jarawan

Mehr über den Comedian: https://linktr.ee/Jakob.Schwerdtfeger

@jakob.schwerdtfeger • Instagram-Fotos und -Videos

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