Die beiden Künstler Stan Bert Singer und Dieter Hanf überarbeiten das Frauenbild der Heiligen Maria und zeigen Madonnen von heute... Das Kunstprojekt Moderne Madonnen, ein Gegenmodell zum katholischen Rollenbild der perfekten Frau. Es geht also auch um Emanzipation und irgendwie fast unbeabsichtigt, da nicht religiös motiviert - auch um solche Bewegungen wie Maria 2.0.
Moderne Madonnen von Stan Bert Singer und Dieter Hanf
Als Madonna oder Madonnenbildnis, auch Marienbild oder Marienbildnis, bezeichnet man in der christlichen Ikonografie die Darstellung Marias allein, gemeinsam mit dem Jesuskind oder umgeben von anderen Personen. Der populäre Begriff Madonna wird überwiegend für Einzeldarstellungen der Gottesmutter mit ihrem Kind verwendet. Seit dem 3. Jahrhundert bildet das Madonnenbild den häufigsten Gegenstand der christlichen Kunst, der sich auf zahllosen Bildmedien und in vielfachen inhaltlichen Zusammenhängen präsentiert und der Marienverehrung bildhaften Ausdruck verleiht.
Marienbildnisse greifen oft Szenen aus dem apokryphen Jakobusevangelium, dem Marienleben oder dem Leben Jesu Christi auf. Daneben existieren zahlreiche Bildzyklen und Einzeldarstellungen, bei denen sich eigenständige Bildtypen herausgebildet haben, sowie solche, die bestimmte theologische Vorstellungen und Zusammenhänge rund um Maria abbilden. Maria wurde als Mutter Gottes stellvertretend das christliche Rollenmodell der Frau. Genauere Informationen zur Geburt, Leben und Tod der Maria gibt es kaum. Die wenigen Erwähnungen stammen vor allem aus dem Jakobusevangelium, welches nicht zum biblischen Kanon gehört und frühestens nach dem 2. Jahrhundert nach der Geburt Christie geschrieben wurde.
Maria wurde im Jahr 431 beim Konzil in Ephesos als Mutter Gottes dogmatisiert. Madonnen stellen bis heute das katholische Rollenmodell der unbefleckten, selbst von den Erbsünde freien, Frau dar. So entstand ab dem 5. Jahrhundert ein regelrechter Madonnenkult, der sich in den einzelnen Kirchen recht unterschiedlich zum Ausdruck brachte.
Während sich in der Orthodoxie acht Kategorien für Ikonendarstellungen ausbildeten, entwickelte sich in der katholischen Tradition durch die Jahrhunderte unterschiedliche Darstellungsformen, die in Abhängigkeit der historischen Strömungen, wie zum Beispiel der Renaissance oder der Gegenreformation zu sehr komplexen Bildnissen führten.
Das Frauenbild Maria
Maria und somit die Madonnen, stellt einen Frauentyp dar, der asexuell, da unbefleckt Jesus über den heiligen Geist empfangen, von Männern dominiert ihr ganzes Leben fürsorglich und leidend, auf Erlösung hoffend, in den Dienst ihres Sohnes Jesus stellte. Viele mittelalterliche, Renaissance oder neuzeitliche Darstellungen bringen dies kunstvoll zum Ausdruck.
Auffallend sind bei diesen Darstellungen historische wie geographische falsche Zuschreibungen, die aus verschiedenen Gründen ausgearbeitet wurden. In der Bibel wurden die hochschwangere Maria und ihr späterer Mann Josef als mit einem Esel Flüchtende beschrieben.
Josef sollte ein Handwerker gewesen sein. Belege gibt es dafür leider nicht. Dennoch werden die beiden, vor allem Maria mit sehr üppigen, häufig prunkvollen Kleidern gemalt. Die Gesichtszüge und die Haarfarbe entsprechen, genau wie bei Jesusdarstellungen in der Regel, eher einem Westeuropäischen Aussehen; heller Hauttyp, die Haare oft blond, großer Körper.
Tatsächlich war Maria eine Jüdin aus dem Mittleren Osten. Der Körperbau muss daher verhältnismäßig klein gewesen sein, wahrscheinlich war die Haut eher etwas dunkler, die Haare dunkelbraun oder schwarz, blaue oder grüne Augenfarbe sind im südlichen Mittelmeerraum eher selten. Eine entsprechende Studie, die im Auftrag des BBC durchgeführt wurde kam zu einem solchen Ergebnis.
Die künstlerische Herausforderung
Ein solcherart ausgearbeiteter Themenkreis, welcher durch viele Jahrhunderte von herausragenden Künstlern interpretiert wurde, stellt eine besondere Herausforderung an die sich heranwagenden Künstler dar. Wie nähert man sich diesem Thema und mit welcher Intention? Letztere bestimmt sowohl die Eingrenzung und Interpretationsrichtung als womöglich auch die Wahl der Medien und der Ausdrucksmittel. Da die Madonnen durch viele Jahrhunderte hindurch tradiert wurden und es darüber hinaus wie schon beschrieben verschiedene Kunstzweige entwickelten, sind den Mitteln der Malerei kaum Grenzen gesetzt. Lediglich die modernen Medien und Malmittel, wie beispielsweise der Acrylfarbe spielen in der Tradition der Madonnenbildnisse eine untergeordnete Rolle.
Wenn Künstler wie Michelangelo, Leonardo da Vinci und Caravaggio sich eines Themas annahmen, dann setzen sie auch gleichsam eine, wie man heute sagt, Benchmark. Als Künstler wird man daran gemessen werden. Es kommt also in mehrfacher Hinsicht auf eine sehr gute Recherche, Planung und vor allem Umsetzung an. Diesen Herausforderungen wollten sich Stan Bert Singer, Maler aus Wien und Dieter Hanf, Fotograf und Digitale Kunst stellen.
Intention
Die westlichen Gesellschaften haben in den vergangenen 100 Jahren eine unglaubliche Transformation vollzogen. Der technische Fortschritt, die Weltkriegserfahrungen sowie die Nachkriegsjahre haben zu einer Dynamik geführt, deren Ergebnisse in der Rückschau nicht in allen Belangen positiv zu bewerten sind, insbesondere aber auf die Stellung der Frauen radikalen Einfluss genommen hat. Es ist offensichtlich, dass die nächsten Schritte zu einer eigentlich selbstverständlichen Gleichberechtigung noch vollzogen werden müssen.
Frauen sind heutzutage in allen beruflichen Zusammenhängen anzutreffen, sie haben alle Bildungschancen, die Möglichkeit auf akademische Abschlüsse und werden in vielen Fällen auch entsprechende Arbeitsstellen eingesetzt. Dennoch gibt es noch viel zu tun.
Das Kunstprojekt Moderne Madonnen möchte einen kleinen Anteil dazu leisten und ein Gegenbild zu den im Ausgang beschriebenen Rollenmodell der perfekten, vor allem katholischen, Frau entwerfen. Viele zeitgenössische Frauen sind sich ihrer Möglichkeiten bewusst, nehmen die Herausforderungen des Lebens selbstbewusst an, erleben sich selbstverständlich als unabhängiges Wesen und genießen Sexualität als Ausdruck ihrer Weiblichkeit und das oft ohne Zutun und schon gar nicht mehr in Abhängigkeit von Männern. Die eheliche Fremdbestimmung sowie das Warten auf Erlösung hat in den meisten Fällen ein Ende. Die Frauenbewegung Maria 2.0 weist als Teil des Synodalen Wegs in die gleiche Richtung.
Die Künstler
Stan Bert Singer
Stan Bert Singer, Österreich, absolvierte eine Meisterausbildung in Architektur und Zeichnen sowie in Malerei an der Universität Wien am Karlsplatz, in der Nähe der berühmten Secession. Singer ist ein klassischer Kunstmaler, der sich auf die Technik der alten Meister spezialisiert hat und sowohl Porträtaufträge als auch Aktbilder und Kunstrepliken anfertigt. Er studierte die Malerei und Techniken von Leonardo da Vinci, Michelangelo und Caravaggio. Sein Schwerpunkt in der Malerei ist der menschliche Körper, insbesondere des Gesichts.
Er entwickelte die „Dietro l‘aria“-Technik. Stan Bert Singer: „Es ist eine Art Sfumato-Technik, bei der ich die Arbeitsweise von Leonardo da Vinci aufgegriffen und versucht habe, sie weiter zu entwickeln. Dabei werden viele Malschichten verwendet und einer Art ‚Luftschicht‘ mit eigenem Malmittel. Dadurch entsteht eine gewisse Tiefe des Lichts. Die Bilder sind detailliert und doch irgendwie „unscharf“, so wie das natürliche Sehen auch.
Er stellt seit 2010 international aus und wird von der Gallery 1503 in Wien präsentiert.
Mehr über den Künstler: www.stan-bert-singer.com
Dieter Hanf
Der deutsche Künstler erhielt informelle Ausbildungen in Kunst und Fotografie und bildete sich autodidaktisch fort. Ausgehend von der analogen Fotografie, arbeitete er schon 1978 an Fine Art Serien, veröffentlichte seine Arbeiten erst seit 2018. Ausgehend von heute digitalen Fotografien entwickelte Hanf seinen eigenen Stil der künstlerischen Bildbearbeitung, bei der das Ursprungsbild oft nicht mehr erkennbar, dennoch der Mittelpunkt des daraus entstehenden Kunstwerkes ist. Kennzeichnend für seine Arbeiten sind die oft bestechenden Farben sowie ungewöhnliche Farbschemen.
„Im Mittelpunkt meiner Kunstwerke stehen die Menschen und ihre sozialen oder gesellschaftlichen Beziehungen sowie Themen aus Wissenschaft, Technik, Literatur und Philosophie. Kunst hat für mich neben der rein ästhetischen Funktion einen dahinterstehenden Auftrag der Menschen- und Geistesbildung.
Das Spiel mit Farben und Formen, meine Liebe zur Abstraktion, lassen die Grenzen zwischen Fotografie und Malerei oft verwischen.“ Dieter Hanf stellt seit 2018 international aus und wird durch Galerien in Berlin, Wien, London, Laguna Beach, CA und Edmonton vertreten.
Erwartungshorizont
Jede Frau ist potentiell eine Madonna im klassischen Sinne, denn jede Frau, die gebärfähig ist, kann einen Sohn oder eine Tochter Gottes zur Welt bringen. Folgt man dem christlichen Schöpfungsmythos, sind philosophisch gesehen alle Kinder, ungeachtet des Geschlechts Kinder Gottes. Jesus wurde nach dem Neuen Testament ohne einen sexuellen Akt durch den Heiligen Geist gezeugt.
Falls dies denn überhaupt möglich sein könnte, ist eine Wiederholung nicht ausgeschlossen. Die Madonnendarstellungen der Vergangenheit folgten den zeitgenössischen Strömungen und dem katholischen Weltbild. Dargestellt wurden häufig wohlhabende Frauen, die es sich leisten konnten sich so portraitieren zu lassen. Die Darstellungen gerieten immer wieder zu üppigen Szenen, die mit der Lebenswelt der Maria sicher nichts gemein hatten.
Madonnen von heute…
Stan Bert Singer und Dieter Hanf zeigen Madonnen von heute. Junge selbstbewusste Frauen, die selbstbestimmt und klar ihre eigenen Lebensentscheidungen treffen, die sich nicht mehr dem Patriarchat unterordnen und ihren Körper und damit ihre Weiblichkeit in jeder Hinsicht und frei von christlichen Moralvorstellungen genießen.
Maria, die ihr Kind als Obdachlose, Geflüchtete in einem Stall zur Welt bringen musste, wird in die heutigen Lebensumstände gerückt, sodass beim Betrachter andere Assoziationen geweckt werden. In einer veränderten Welt sind die Modernen Madonnen eingebunden in einen anderen Kontext, auch wenn die Darstellungsformen in einer Tradition erkennbar bleiben. Die Transformation der Madonna in das 21 Jahrhundert gelingt über teils sehr subtile Änderungen der Blicke und Gesten, teils deutlich abweichende räumliche Zuordnungen oder durch eine provozierende Wahl der Modelle.
Kontrastierend zu den üblicherweise verwendeten Medien und Malmitteln im Stil der alten Meister, deren sich Stan Bert Singer bedient, benutzt Dieter Hanf digitale Fotografie sowie die Mittel der digitalen Bildbearbeitung als auch zeitgenössischer Produktionsformen. So stehen sich Darstellungsformen in hochwertigster Ölmalerei, großformatige Fotografien und digital bearbeiteter Kunstwerke gegenüber. Darüber hinaus erwarten Sie zuvor noch nicht gezeigte Darstellungsformen im Großformat.
Umfang der Ausstellungsexponate:
8 Ölgemälde 60cm x 80cm
8 Fotografien 100cmx 75cm oder 140cm x 105cm
4 Mix Media Displays in unterschiedlichen Formaten
Dokumentation als Bildschirmpräsentation
Weitere Informationen
Titelbild: „Venus on fire“ Dieter Hanf 140,0 x 105,0 cm/ Ultra High Definition Print behind Acryllic Glass
Nächste Woche steht ein Fotoshooting zu dem Thema Moderne Madonnen mit Leila Akinyi an, wer nichts verpassen möchte; sollte den Instagram-Kanal von Dieter Hanf im Auge behalten.
Weitere Informationen über die Galerie 1503: https://www.gallery1503.com/
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