Interview mit einer Kunststudentin
Vivian Sprung von der CAU und Muthesius Kunsthochschule in Kiel
Hey, ich bin Vivian Sprung, leidenschaftliche Fotografin und Filmemacherin, frische 20 Jahre alt und studiere Kunst und Geografie an der CAU und Muthesius Kunsthochschule in Kiel. In den ersten beiden Semestern habe ich mich mit Emotionen beschäftigt. Unten seht ihr eine Fotoreihe in der ich häusliche Gewalt aufgegriffen habe. Ein heikles Thema, bei dem ich hoffe, dass sich mehr Opfer trauen, die Wahrheit zu sagen.
Wie heißt dein Abschluss wenn du fertig bist?
Bachelor und Master of Arts.
Wie sah das Bewerbungsverfahren aus?
Relativ spontan habe ich eine Bewerbungsmappe mit 20 Arbeiten angefertigt und eingeschickt. Einen Mappenkurs oder eine Mappenberatung habe ich nicht besucht. Kurz nach meiner Rückkehr aus dem Ausland bin ich mit halben Jetlag nach Kiel und saß mit ca 80 Leuten in den Gängen der Muthesius. Die Aufnahmeprüfung hat ca 6-8 Stunden gedauert und wir hatten 3 Aufgabenbereiche, eine plastische, eine zeichnerische (die ich malerisch gelöst habe, woraufhin ich zum Glück noch rechtzeitig drauf hingewiesen wurde) und eine freie Aufgabe. Am nächsten Tag gab es noch ein Vorstellungsgespräch und die Vorstellung der Hausaufgabe. Als dann der Brief mit der Zusage im Briefkasten war, habe ich vor Freude geweint.
Ein kleiner Einblick in deine Bewerbungsmappe?
Was hat dich zu dem Studium überzeugt?
Von Kind auf an war ich kunstbegeistert. In der 5. Klasse habe ich eine High-School-Musical Kamera in der Größe eines Tamagotchis geschenkt bekommen, welche die Qualität eines Toasters hatte. Anfangs hab ich damit meinen Schulschwarm heimlich fotografiert, aber kurz darauf wurde es ernst und meine Mutter musste in eine echte Kamera investieren. Mit 10 Jahren habe ich dann angefangen, meine ersten Filme zu drehen und meine Mutter wurde gezwungen, sich Sonntag abends vorm zu Bett gehen meine produzierten Blockbuster anzuschauen. Sie war schon damals mein größter Fan.
Was wünscht du dir für das Studium?
Ich möchte mit einem Lächeln zurückblicken können und zufrieden mit dem sein, was ich gelernt habe. Ich möchte mich irgendwann als Filmemacher und Lehrerin bezeichnen dürfen.
Deine Pläne nach dem Studium?
Eine coole Kunstlehrerin sein, auf die die Schüler sich morgens freuen. Ich möchte morgens mit einem Lächeln zur Arbeit gehen und abends meine eigene Kunst produzieren können.
Was erwartest du von dem Studium?
Meine Horizonte zu erweitern und der Malerei näher kommen.
Was erwartet das Studium von dir?
Durchhaltevermögen, Energie, Kreativität und Motivation auf Abruf.
Dein erster Gedanke am ersten Tag im Studium?
Wow. Ich hab’s geschafft.. So viele Leute, werde ich mir jemals die Namen merken können? Und wie gross ist bitte dieser Klassenraum?! Spoiler: ich hab’s herausgefunden. 180 Quadratmeter. Unser Klassenraum ist 180 Quadratmeter groß.
Welche Vorurteile hörst du häufig?
„Du studierst Kunst? Wow, da hat man bestimmt viel Freizeit. Was macht man da so? Bisschen tuschen und danach ne Mate trinken? Vielleicht sollte ich auch zu Kunst wechseln“
Was ist das schwierigste an deinem Studium?
Das schwierigsten am Studium ist definitiv die Kreativität auf Abfrage. Im 1. Semester haben wir oftmals morgens eine Aufgabe bekommen, die dann mittags abgegeben werden musste. Da musste die Idee und die Umsetzung sofort stimmen. Ich war es bislang gewohnt, dann Kunst zu machen, wenn ich darauf Lust habe. Das ist im Studium natürlich anders, weil du dich jeden Tag mit der Kunst beschäftigten musst und auch mal Kunst machst, wenn du eigentlich gar nicht den freien Kopf dafür hast.
Wie sieht dein Studienalltag aus?
Tatsächlich gerade entspannt, da ich mich entschieden habe, das erste Jahr nur Kunst und Pädagogik zu studieren und dann mit Geografie im 3. Semester anzufangen. Meine Kunst produziere ich mit lauter (guter!) Musik und in Jogginghose zu Hause.
Was ist dir besonders aufgefallen?
Es gibt Studenten, die jede freie Minute in ihre Kunst investieren. Und es gibt Studenten, die wahnsinnig talentiert sind, aber aufgrund der eigenen Faulheit sich selbst ein Bein stellen. Welche Art Student ich bin, lasse ich mal außen vor.
Gibt es irgendwas was dich besonders beeindruckt?
Eindeutig die Ausstattung, gerade was das Equipment im Filmbereich betrifft. Es gibt ein Ton-, Video- und Fotostudio, welches ich schon nutzen durfte und ich war begeistert. Für mich als Foto- und Filmbegeisterte ist das natürlich ein Traum.
Gibt es etwas was ganz anders ist als du gedacht hättest?
Ja, unsere Klasse besteht sowohl aus Studenten des Lehramts, als auch aus Studenten der freien Kunst. Was ich von der muthesius kunsthochschule vorher nicht wusste, war, dass es am Ende des 2. Semesters eine Übernahmeprüfung gibt. Das bedeutet, dass du dich am Ende des 2. Semesters nochmal beweisen musst und es nicht garantiert ist, dass du auch übernommen wirst und dein Studium fortsetzen kannst. Nach Besprechung einer Vorauswahl musste ich mich für eine Fachklasse entscheiden und beide Daumen drücken, dass ich den Professoren der Fachklasse mit meiner Kunst überzeugen kann. Bei mir hat es glücklicherweise geklappt, doch für viele war der Traum vom Kunststudium nach 2. Semestern an dem Tag vorbei.
Wie fühlst du dich an der Uni?
Manchmal tatsächlich fehl am Platz. Es gibt Studenten, die rund um die Uhr im Klassenraum anzutreffen sind. Ich hingegen arbeite lieber allein für mich zu Hause und bin daher nicht oft in der Hochschule.
Unterschiede von der CAU und Muthesius Kunsthochschule in Kiel zu anderen, die du kennst?
Die Klassenräume sind riesig und jeder Student hat seinen eigenen Arbeitsplatz, was keine Selbstverständlichkeit an anderen Kunsthochschulen ist. Jedes Semester werden sehr viele Workshops angeboten, mit denen man sich gut weiterbilden kann. Zudem gibt es Fachklassen, in denen man sich auf eine Richtung spezialisiert, was nicht unbedingt von Vorteil sein muss, wenn man doch relativ offen gegenüber anderen Medien ist.
Dein Bezug zu Kunst?
Ich liebe es, mich mit dem Thema Mensch zu beschäftigen und diesen sowohl fotografisch, als auch filmisch zu potraitieren. Ich möchte mit meiner Kunst Leute berühren und diesen entweder Tränen oder ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Es bedeutet mir unheimlich viel, wenn jemand stehen bleibt und sich meine Kunst anschaut und auch danach noch drüber nachdenkt.
Lieblingskünstler?
Paolo Raeli ( Fotograf, der ehrliche Momente einfängt und dessen Bilder und Geschichten berühren ) Marco Grassi ( Ein Mann, der hyperrealistische Portraits malt, unglaublich talentiert. ) Stephen Mcmennamy ( Faszinierend, dass ich jedes mal wieder lachen muss, aufgrund der Komik in seinen Fotos ) Ryan Pernofski (Filmemacher, der jeden Morgen surfen geht und mit hinterlegter Musik emotionale Filme dreht)
Kaffee oder Tee?
Kakao!
Zwischen Kunst und Kommerz, wie hält man die Wage?
Wenn jemand wirklich für seine Kunst brennt, dann kommt der Erfolg und die Aufmerksamkeit irgendwann von allein. Natürlich ist der Traum eines jeden Künstlers, irgendwann von der Kunst leben zu können, aber das sollte nicht das Ziel sein. Wenn du wirklich gut in dem bist, was du machst, werden das die Leute merken, dass du deinen Traum lebst, und dann kommt das Geld von ganz allein. Das ist für mich ehrliche und schöne Kunst.
Kunstwerke von dir die du unbedingt zeigen möchtest?
Ich möchte mit meiner Kunst erreichen, dass die Menschen stehen bleiben und berührt sind. Es ist nicht meine Intention, dass die Menschen denken „Wow, das ist aber ein schönes Foto“, sondern viel mehr möchte ich erreichen, dass sie sich mehr als eine Minute Zeit nehmen und über meine Bildkunst nachdenken. Ich möchte die Menschen berühren und ansprechen, über sensible Themen nachzudenken, die sonst nicht in der Öffentlichkeit thematisiert werden. Mir ist bewusst, dass meine Kunst auch provokativ sein kann und manchmal sensitiv drauf reagiert wird, aber gerade das reizt mich und bestärkt mich in meiner Kunst.
Danke das du dir die Zeit genommen hast Vivian. Wir wünschen dir viel Durchhaltevermögen für dein Studium und für die Zukunft nur das beste!