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Schwarz-weiß-Denken?
Christin Hennig im Interview – Gründerin von Custom Art and Design

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Christin Hennig im Interview – Gründerin von Custom Art and Design Mit ihrer Art der Malerei möchte Christin Hennig unter
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Christin Hennig ist gelernte Manufakturporzellanmalerin und gelernte Modelltechnikerin mit IHK-Auszeichnung. Zum anderen hat die Künstlerin ihren eigenen eleganten sowie kraftvollen Stil der naturrealistischen Schwarz-weiß-Malerei entwickelt.

Christin Hennig im Interview – Gründerin von Custom Art and Design

Mit ihrer Art der Malerei möchte Christin Hennig unter anderem auf die oft verkannte und zu Unrecht abgewertete sowie missachtete Erkrankung der emotional instabilen Persönlichkeitsstörung Borderline aufmerksam machen. Eine stark ausgeprägte Eigenschaft der Betroffenen ist oft ein sehr kontrastreiches „Schwarz-weiß-Denken“, was zu einem großen Leidensdruck führt.

Ihre Bilder sollen diesbezüglich Betroffenen den Mut geben, aus ihrem vermeintlichen Handicap auch eine Tugend machen zu können.

Anmerkung der Redaktion:

Informationen zu Diagnostik und Therapie. Adressen lokaler Anlaufstellen oder Selbsthilfegruppen finden sich  unter anderem auf der Website des Vereins Borderline ps e. V. Ebenso sind dort Erfahrungsberichte und Austauschmöglichkeiten wie Foren und Mailinglisten für Angehörige und/oder Betroffene zu finden.

Borderline-Netzwerk e. V.

Interview mit Christin Hennig

Wo sind Sie grade, wie geht es Ihnen und woran arbeiten Sie aktuell?

Ich habe mein Leben und Schaffen in der brandenburgischen Kleinstadt Woltersdorf, 10km Luftlinie neben Berlin.

Wie sind Sie zur Kunst gekommen und was war der Moment, in dem Sie sich entschieden haben, Ihre Werke mit der Öffentlichkeit zu teilen?

Die kreative Ader liegt bei uns in der Familie. Mein Vater lernte fernab der Heimat in Wandlitz den Beruf des Schrift- und Grafikmalers. Die Großmutter väterlicherseits war Schauwerbegestalterin und stammt aus Eberswalde. Der Großvater mütterlicherseits war technischer Zeichner.

Ich bin mit dem Zeichnen und Malen meiner Einsamkeit entflohen. Durch das konzentrierte Malen (damals fast ausschließlich mit Grafit) konnte ich die vielen Streitigkeiten zu Hause ausblenden. Je detailreicher ich malte, desto mehr gelang es mir.

Nach der Schule führte mich mein Weg dann von Freiberg (Sachsen) nach Berlin und ich begann dort die Ausbildung zur Manufakturporzellanmalerin bei der KPM Königliche Porzellanmanufaktur Berlin GmbH. Damals wollte ich einfach den ganzen Tag malen, so dachte zumindest mein 17-jähriges Ich. Ich merkte allerdings ganz schnell, dass ich das nicht möchte, merkte aber damals noch nicht, woran das lag.

Ich bin dem Unternehmen sehr dankbar für die Zeit. Denn ohne die viele Geduld meiner Ausbilder und das intensive Studium wäre ich sicher heute auch nicht auf dieser Qualitätsstufe, wo ich mich befinde. Heute weiß ich, dass es nicht das permanente Malen war.

Ich war dort einfach nicht frei genug in meiner Gestaltung. Es ist völlig richtig, dass sich ein Traditionsunternehmen an seine historischen Vorgaben halten möchte. Aber genau das hat mich persönlich einfach sehr eingeengt. Ich genoss im selben Unternehmen weiterhin die Ausbildung zum Industriekeramiker in der Fachrichtung Modelltechnik und wurde zum Modelleur und Einrichter. Hier stand mir der beste Ausbilder zur Seite, den ich jemals hatte. Er hat mich fachlich wie charakterlich geformt. Zu Höchstleistungen gebracht, in dem ich letztlich IHK Bundesbeste 2013 und IHK Landesbeste 2013 wurde. Ich bin dem Unternehmen sehr dankbar für die Zeit, denn ohne die viele Geduld meiner Ausbilder und das intensive Studium wäre ich sicher heute auch nicht auf dieser Qualitätsstufe, wo ich mich befinde. Heute weiß ich, dass es nicht das permanente Malen war.

Für diese Zeit muss ich mich bei der KPM und meinen Ausbildern einfach bedanken. Der Moment, mit meiner Malerei an die Öffentlichkeit zu treten, war eigentlich an einem Tiefpunkt in meinem Leben. Ich hatte einige Monate davor, erfahren, dass ich neben einem schweren Trauma (was mir bekannt war) ebenfalls eine ausgeprägte instabile Persönlichkeitsstörung Typ Borderline habe.

Wenn einem das nie bewusst war, fällt man erstmal ganz tief nach unten, denn dir wird dem Klischee entsprechend erstmal bewusst, wie anstrengend du für dein Umfeld sein musst, du empfindest unsäglich starke Schuldgefühle, du bekommst Angst vor der Stigmatisierung anderer uvm.

Als Borderliner bist du als schlimmer Mensch stigmatisiert und man findet auch im Netz nahezu nur Negatives und ich wollte so sehr einen Lichtblick! Ich suchte und fand einen Artikel, der die positiven Eigenschaften – ja sogar Talente – der Erkrankten erläuterte. Und da sind wir schon beim ersten entscheidenden Merkmal … ein Borderliner sucht Lösungen, einen Ausweg. Aufgeben ist die allerletzte Option.

Da ich über die letzten Jahre durch viele Krankheiten und artfremden Jobs die Lust am Malen völlig verloren hatte, standen viele Materialien einfach nur herum. Beim Ausmisten fand ich drei Malpappen und ich dachte mir, bevor ich sie wegschmeiße, kann ich auch einfach mal was probieren.

Ich schwärzte die Platte und malte anders als normal mit weißer Acrylfarbe auf schwarzem Grund. Mein Mann erkannte sofort, dass ich plötzlich aus meinem vermeintlichen Handicap, alles schwarz und weiß zu sehen, etwas echt Gutes und Positives erschaffen hatte. Er sagte: Jetzt bist du im wahrsten Sinne des Wortes ein Schwarz-weiß Maler!

Und da hatte er absolut recht! Denn mir fällt es total schwer, die angenehmen Graustufen im Leben zu sehen. Bei mir gibt es nur Gut und Schlecht. Und darunter leide ich sehr und viele der Betroffenen auch … aber diese Malerei hat etwas Wunderbares daraus gemacht.

Ich bin überzeugt, dass viele Betroffene aus ihren vermeintlichen Schwächen sogar eine Tugend entwickeln können und ihnen damit die negative Kraft nehmen können. Das führt dazu, dass wir wieder etwas mehr Kontrolle über uns und unser Leben erlangen.

Zugleich möchte ich auf diese zu Unrecht so hart stigmatisierte Erkrankung in unserer Gesellschaft aufmerksam machen! Das Bewusstsein für Depressionen kommt endlich zunehmend in der Gesellschaft an. Aber Borderliner durchleben ebenfalls mehrmals täglich eine ganz eigene Hölle und das Umfeld empfindet sie zumeist nur als anstrengend und kompliziert, als impulsive, unfreundliche und verspannte Typen.

Um ein anderes, neues und besseres Bewusstsein zu schaffen, bin ich mit meinem Unternehmen Custom Art and Design seit November 2021 tätig.

Sie sind also nicht nur als Malerin aktiv, sondern haben auch einen Schwerpunkt in der Keramik/Modelltechnik. Welches Medium war für Sie zuerst da?

Zuerst kam die Malerei. In der KPM habe ich erstmals Berührung mit der Aquarellmalerei gehabt. Diese wurde für Naturstudien genutzt. Her habe ich eine absolute Stärke entwickelt. Wenn ich eine bspw. gelbe Blume angesehen und abgemalt habe, dann sah ich viel mehr als einfach nur gelb. Ich sah viel mehr. Ich sah blau, und violett und grün und konnte fühlen, wo welche Farbe ineinander überging oder wo welche übereinander lagen.

Das Wunderbare am Aquarell ist das freie ineinander fließen der Pigmente und deren Stimmung. Das Wasser bot für diese wunderbare Vereinigung auf jeden Fall das optimale Medium. Ich habe in der Aquarellmalerei niemals schwarz benutzt für Grautöne usw. Ich habe genau hingesehen und genau hingefühlt, welche Farben sich tatsächlich in diesem Grau oder Schwarz verstecken.

Und aus der Physik wissen wir ja, dass Schwarz nicht einfach da ist, sondern sich aus den Körperfarben Rot, Blau und Grün ergibt. Wenn man sein eigenes Schwarz aus den entsprechend empfundenen Farben mischt, wirkt das Bild einfach viel lebendiger, viel plastischer.

Und so gelang es mir mit dem Fühlen, Differenzieren und genauen Hinsehen stets deutlich plastischer zu malen als es üblich war. Ich hatte allerdings immer den Wunsch so realistisch und plastisch zu werden, dass das Bild regelrecht greifbar wäre und aus dem Bild austrete.

Diesen Wunsch konnte ich mir dann im Modellbau erfüllen, denn ich wurde dort innerhalb der Ausbildung von einem Bildhauer auf das Radieren von Relieffen und das Modellieren von Büsten spezialisiert. Nun konnte ich endlich meinen Bildern die dreidimensionale Tiefe und Plastizität geben, die sie verdienten. Das war auch nochmal eine gute Übung, um das Spiel von Licht und Schatten zu studieren…. Zeitgleich verschärfte sich allerdings auch meine emotionale Sicht von Schwarz und Weiß.

Wie würden Sie Ihren künstlerischen Stil beschreiben?

Auf meinem LinkedIn Profil bewerbe ich es scherzhaft dort als „die hohe Kunst der Schwarzmalerei“ Es ist ein neuartiger, eleganter sowie kraftvoller naturrealistischer Stil. Die Malerei besteht in vielen Aspekten aus lauter Kontrasten und kurioserweise auch für viele Betrachter.

So stark emotional diese Bilder auch gemalt sind, so höre ich von fast allen möglichen Menschen, dass die Bilder eine unglaubliche Ruhe ausstrahlen, sie wirken sehr beruhigend. Ich weiß nicht, woran das liegt.

Aber Fakt ist, dass diese Selbstständigkeit mit dieser Art der Malerei mir den inneren Frieden bringt, den ich dringend benötigt habe. Es ist die beste Therapie, die ich mir selbst auferlegen konnte.

Ich habe auch ein paar Bilder, die zu ausgeprägten Diskussionen anregen, gerade wegen ihres Kontrastes in Gestaltung und Botschaft. Und genau das sollen sie auch, die Leute sollen sich in den Bann ziehen lassen, sie sollen sich mit dem Thema befassen und Interaktionen miteinander beginnen, dann dadurch wird das Thema publik und es bekommt die gewünschte Aufmerksamkeit verpackt in einem optisch ansprechenden Rahmen.

Wie kann man sich den Entstehungsprozess von einem Ihrer Werke vorstellen?

Zuerst kommt eine Idee. Dann versuchen wir zumeist eigens Fotos der Objekte direkt Vorort zu machen. Also wir nehmen da auch echt weite Strecken auf uns (für die Kinder ist es dann auch gleichzeitig immer ein bisschen Sightseeing) oder der Kunde schickt mir Bilder von seinen Wünschen, die umgesetzt oder erst kombiniert und dann umgesetzt werden.

Neben dem psychologischen Aspekt sind es ja vor allem Landschaften, Gebäude und Tiere, die ich male, die einfach eine Freude fürs Auge, eine dekorative Ergänzung oder eine wunderschöne Erinnerung an Erlebtes darstellen. Viele meiner Bilder zeigen zum Beispiel bewusst historische, kulturelle und geologische Merkmale der Montanregion Erzgebirge. Die drücken die Liebe und unfassbar scherzhafte Sehnsucht nach meiner Heimat aus.

Ich möchte dabei helfen, das Erzgebirge auch über seine Grenzen hinaus bei den Menschen bekannter und beliebt zu machen. Es ist ein einzigartiger und wunderschöner Fleck Erde, mit wahnsinnig sympathischen, höflichen und aber auch rebellischen Menschen.

Zu Hause male ich dann fast ausschließlich auf Holz oder Malkarton, da ich im Gegensatz zum Keilrahmen, den harten Untergrund sehr mag. Ganz besonders mag ich es auf Holz zu malen, da die Textur des Holzes dem Bild auch nochmal einen ganz besonderen Charakter verleiht.

Zuerst wird mit Abtönfarbe oder Gesso grundiert, dann eine dünne Schicht mit einer guten Acrylfarbe übermalt. Das ist wichtig, denn wenn ich direkt nur Acrylfarbe als Grundlage nehme, perlt die weiße Farbe unschön ab, weil die Oberfläche zu versiegelt ist. Aufgrund der extrem feinen und dünnen Art zu malen, verwende ich wie beim Aquarell sehr viel Wasser. Und das hält der hohen Oberflächenspannung des Acryls leider nicht gut Stand.

Dann wird das Motiv im Detail mit Bleistift vorgemalt. Ich habe nie gerne vorgezeichnet. Bei meinen Aquarellstudien haben sich meine Mitstreiter immer gefragt, wie ich bei dem Gekritzel etwas Sinnvolles hinbekommen soll.

Wenn Sie aber den Berliner Dom oder die Dresdner Frauenkirche realistisch darstellen wollen, bietet es sich schon an, ganz genau hinzusehen und alles Mögliche einzuzeichnen, was Sie sehen. Bei Landschaftsbildern darf man schon wieder etwas freier werden.

Ja und dann geht es an die weiße Acrylfarbe und mit Ihr erscheint Stück für Stück das Motiv langsam und nebulös wie ein Geist aus der Dunkelheit. Und drumherum das stille Schwarz, was den Betrachter ungeschönt und direkt auf das Motiv fokussiert. Ich denke, dass genau diese Schaffensart bewirkt, dass sehr viele Betrachter meiner Bilder einen stark beruhigenden Effekt verspüren.

Sie haben sich auf die Relieffmodellage spezialisiert, können Sie für Außenstehende einmal erklären, in welchen Bereichen dieses Kunsthandwerk Anwendung findet?

Die Relieffmodellage findet speziell bei meiner Vergangenheit Anwendung in der Keramikindustrie. Jeder kennt das haptisch dargestellte Blumengehänge an der Tellerfahne historisch angelehnter Kaffeeservices. Ebenso nutzt aber auch das Stuckateurs-Handwerk im Auftrag zahlreicher Designer und Architekten die Reliefmodellage zur Gestaltung des Stadtbildes.

Im weitesten Sinne würde ich sogar die Blindenschrift als eine Art Reliefmodellage bezeichnen, nur mit der Zusatzfunktion Informationen weiterzugeben und zu vermitteln.

Die Münzprägung, möchte ich behaupten, benutzte seit mindestens 650 v. Chr. diese Art des Handwerkes, da das flüssige Metall „geprägt“ wurde und so den Besitz und das aktuelle Regierungsoberhaupt kennzeichnete.

Heute weiß ich nicht, ob man noch vom Prägen reden kann oder wohl eher vom lasern. Aber damals war das gang und gäbe, denn kein Schmied hat sich hingesetzt und jedes Mal dasselbe Motiv in tausende von Münzen geritzt. Eine Urform mit dem entsprechenden Modell im Negativ herzustellen und die Münzen zu prägen zeigt schon damals, dass der Mensch immer auf Effektivität hinarbeitet.

Und wo wir dabei schon sind, können wir auch gleich die Siegelringe eines jeden Kaisers, Königs, Fürsten usw. erwähnen, mit denen wichtige Briefe versiegelt wurden.

Dies sind nur wenige Ausführungen, aber in Zeiten vor dem 3D Drucker und der Digitalisierung war das definitiv ein weitverbreitetes und geschätztes Handwerk.

Sie fertigen auch Auftragsarbeiten an. Was war die spannendste oder vielleicht aufwendigste Arbeit, die Sie bis heute realisiert haben?

Oh, da gibt es einige. Ich glaube, der schönste Auftrag war bis jetzt die Zusammenarbeit mit dem Kunsthandwerk Horatscheck in Annaberg-Buchholz. Dort werden aus alten Förderrädern vom Bergwerk edle und hochmoderne, sowie rustikale Transmissionsbögen gefertigt. Hier durfte ich und darf ich nach wie vor auf Bestellung ein Innenleben im Schwarzweißstil anfertigen. Die Kombination aus schwarzweiß und dem alten rustikalen Holz ist einfach, edel und zeitlos. Der Bogen wird mit echten Kerzen beleuchtet, gibt dem Gesamtbild mit meiner Malerei eine ganz besonders schöne Stimmung.

Gibt es ein ungewöhnliches Material oder eine ungewöhnliche Ressource, mit der Sie gerne in Ihren Kunstwerken arbeiten?

Ja, ich arbeite unfassbar gerne auf Struktur reichem Holz, oder Holz mit Baumkante. Neulich habe ich auch schiefer ausprobiert, das war fantastisch und bietet sich für die Schwarzweißmalerei perfekt an. Wenn ich ein Unternehmen in der näheren Umgebung fände, die mir Schiefer zum günstigen Einkaufspreis verkauften, wäre ich sehr glücklich. Da ich für die Weihnachtzeit Tischuntersetzer Sets mit originaler Bemalung verkaufen möchte…

Edler Schiefer auf einem nobel gedeckten Tisch und dann einfarbig weiß bemalt, mit Weihnachtsfiguren oder historischen Gebäuden oder Motiven, stelle ich mir sehr gut vor. Auch als Weihnachtsgeschenk selbst. Darüber hinaus habe ich für bspw. das Bild mit dem Herz Alpina Wandfarbe benutzt. Diese hatte zum einen den Vorteil, dass sie in Fülle vorhanden ist für einen vergleichsweise günstigen Preis und dann ist die Farbe so dick, dass ich bei den Striemen, die dort zu sehen sind, tatsächlich haptisch sind und je nach Lichteinfall eine wunderschöne und plastische Optik bieten.

Ansonsten benutze ich halt schon hochwertige Pinsel und Farben, wo sich wirklich einmal zeigt, dass Qualität nun mal seinen Preis hat.

Haben Sie ein bestimmtes Element oder eine bestimmte Technik in Ihrer Kunst, die Sie als ihre „Signatur“ betrachten?

Ja, wer genau hinschaut, findet in nahezu jedem Bild das kleine astronomische Zeichen für Saturn. Das habe ich als Tattoo auch am Fuß und es ist bei der KPM mein Malzeichen gewesen. Wer also mal bemalte Ausbildungsware gekauft hat und unter dem Teller neben dem Datum das Zeichen für Saturn sieht, kann sich sicher sein, dass er ein von mir handgemaltes Stück in den Händen hält.

Das kommt daher, dass ich ein waschechter Steinbock bin, welcher sich ja auch in meinem Logo wiederfindet. Und der Steinbock wird dem griechischen Titanen Chronos sowie dem Planeten Saturn zugeschrieben. Zudem ist es so ein Standard bei mir geworden, dass man in der Regel bei Werken, die einen Himmel besitzen oder einen Hintergrund, am Firmament den großen Wagen sieht.

Gibt es Künstler, die Sie geprägt haben oder immer noch beeinflussen?

Nein, mich hat kein Künstler geprägt. Aber ich kann ihnen sagen, welches mein Lieblingsmaler war.

So sehr ich den Naturrealismus auch liebe und von der expressionistischen und modernden Kunst entfernt bin, bin ich ein absoluter Bewunderer von Hieronymus Bosch. Er hat es gewagt in einer höchst religiösen und unterdrückenden Zeit biblische Szenen in einer doch sehr extravaganten Abstraktion darzustellen, die ich für sehr mutig und sogar sehr attraktiv empfinde.

Es regt zum Träumen an und gibt uns heute auch einen wunderbaren Einblick in das fantasievolle Vorstellungsvermögen der damaligen Bevölkerung.

Vor einigen Jahren gab es hierzu in Berlin in der Alten Münze eine wunderbare und akustisch untermalte Ausstellung. Die Alte Münze kann ich für Ihre Leser jederzeit für das Thema Kunst sehr empfehlen. Wer es originalgetreuer mag, wird mit der aktuell weltweit größten Ausstellung seiner Werke im Museo del Prado in Madrid glücklich, wo auch „der Garten der Lüste“ aushängt.

Das Hieronymus-Bosch-Kunstzentrum in der Stadt ’s-Herzogenbusch ist vollständig dem Leben und Werk von Hieronymus Bosch verschrieben und ebenfalls eine perfekte Anlaufstelle. Bei meinen neueren Bildern habe ich mich tatsächlich etwas von dem Schauspieler und Maler Richard Grieco inspirieren lassen, obwohl er sehr abstrakt malt, jedoch auch mit einem emotionalen Hintergrund.

Wie beeinflusst Ihr persönlicher Hintergrund Ihre Kunst?

Sehr, denn es ist meine persönliche Therapie. Die Kunst trainiert mich in Achtsamkeit, um auch die Graustufen im Leben zu erkennen. Dass es OK ist, wenn etwas länger dauert, die Handlungen und Äußerungen in meinem Umfeld mit einem gewissen Abstand zu betrachten und erst dann zu bewerten.

Sie gibt mir Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein zurück, was ich verloren geglaubt habe, da ich irgendwann nur noch dachte absolut nichts zu können. Meine Malerei übt mich auch in Kritikfähigkeit, denn gerade in der Kunst gibt es doch sehr viele Meinungen und ich bin mit meiner Art auch in den sozialen Netzwerken vertreten.

Und welche Rolle spielt die Gesellschaft in Ihrer Kunst?

In Anbetracht der Thematik und aus psychologischer Sicht doch eine recht große. Denn zum einen gehören natürlich die selbst betroffenen Menschen dazu und zum anderen die Leute bei denen ich Gehör, Aufmerksamkeit und Verständnis für psychische Erkrankung generell, aber speziell auch für die instabile Persönlichkeitsstörung erreichen möchte.

Nehmen wir ein klischeehaftes Beispiel einer Aussage: „Borderliner sind die Emos, die sich immer ritzen, um Aufmerksamkeit zu erheischen.“ Woher kommt so etwas? Haben Menschen, die solche Aussagen treffen, sich jemals mit Betroffenen ausgetauscht? Ihnen respektvoll die Aufmerksamkeit geschenkt, das selbstverletzende Verhalten zu hinterfragen? Selbstverletzendes Verhalten kann so vielschichtig sein und es wird zu engstirnig und intolerant mit o.g. Phrasen abgetan.

Ich bin zum Beispiel ein Mensch, der völlig ohne auf geritzte Arme, verheiratet in einer langjährigen Beziehung mit zwei Kindern und einem festen Job sowie einer Selbstständigkeit, mit beiden Beinen im Leben steht. Mir war bis vor wenigen Jahren gar nicht bewusst, dass ich diesem Krankheitsbild entspreche und war einfach nur hilflos meinen Gefühlen ausgeliefert.

Mein selbstverletzendes Verhalten ist wohl eher das impulsive Autofahren, wie ich schändlicher Weise zugeben muss. Sie sehen also, dass es in unserer Gesellschaft ein ziemlich oberflächliches und abwertendes Bild von uns gibt und sich auch keiner die Mühe macht, mit einer positiven Betrachtungsweise daranzugehen.

Nun habe ich vorab schon erwähnt, dass mein Handicap das starke Abwerten (schwarz) und das enorme Anhimmeln oder Aufwerten (weiß) mein Problem sind von Personen, Situation oder mir selbst ist. Betroffenen fällt es generell sehr schwer, die Dinge relativ zu sehen. Es ist ein großes Bestreben durch eine objektivere Sicht auf die Dinge Ruhe in unser Gefühlschaos zu bringen. Und glauben Sie mir, das gleicht einer Mammutaufgabe. Um dies zu unterstützen und einfacher zu gestalten, halte ich ein korrektes Bewusstsein und ausreichend Aufklärung der Gesellschaft für eine ganz essenziell wichtige Aufgabe.

Gibt es gelegentlich auch Kreativblockaden? Falls ja, wie gehen Sie damit um?

Nein, es gibt keine Kreativblockaden, zumindest bis jetzt nicht … aber es gibt viele Selbstzweifel und immer wieder Kämpfe mit meinen inneren Dämonen. Ich bin ja nicht geheilt oder austherapiert.

Die Borderlinestörung ist eine Erkrankung, mit der sehr viele bis zum Schluss leben/ leben müssen. Die Malerei ist nur (m)ein Weg, damit besser umzugehen. Daran zu wachsen und sie als Medium in der Öffentlichkeit zu nutzen. Aber mit meiner Selbständigkeit und der Art meiner Malerei fühle ich mich erstmals frei. Und habe das Gefühl genau das Richtige für mich zu tun.

Wie viele Werke sind bis heute generell entstanden und was passiert, wenn Sie mal mit einer Arbeit unzufrieden sind?

Ganz einfach, da gibt’s nur Augen zu und durch und dann wird das Bild wieder geschwärzt. Und dann geht’s von vorne los. So war es bspw. mit dem Schneeleoparden auf dem Holz mit Baumkante. Da war ursprünglich ein Krokodil drauf. Aber ich fand dazu einfach keinen Zugang.  Und bevor man sich ewig etwas Falschem verschreibt, sollte man lieber einen Cut machen und die Zeit sinnvoller in den Neuanfang stecken.

Mein Gesellenstück damals in der KPM war eine Büste von Willy Brand … eine Woche oder so habe ich nur nach ca. 5 Fotos den Politiker auf Wunsch meines Ausbilders modelliert. Es war sicher nicht perfekt, aber es war auch schon so Zeitintensiv. Als mein Lehrmeister für Bildhauerei aus dem Urlaub kam, Sie müssen verstehen, er ist sehr temperamentvoll, setzte er seinen Rucksack ab, ging in die Werkskammer, holte eine Holzlatte und zerdrosch meine gesamte Arbeit von fast zwei Wochen.

Ich war so schockiert! Ich wusste nicht, ob ich lachen, schreien, heulen oder prügeln sollte. Dann entschied ich mich heimzugehen. Und am Folgetag fing ich neu an. Und das war das Beste, was ich tun konnte. Denn der zweite Anlauf wurde fantastisch und ich verstand, was er auf seine brutale Art ausdrücken wollte.

Wie wichtig ist Ihnen heute die Reaktion des Betrachters auf Ihre Bilder?

Schon durchaus. Es kommt auch ehrlich gesagt auf das Bild an und was ich damit vermitteln will. Ein Joker Bild zum Beispiel ist ein Bild, was ich für mich Privat gemacht habe. Das Bild war mir persönlich eine Herzensangelegenheit und ich identifiziere mich sehr stark damit. Da ist mir die Meinung anderer Betrachter nicht so wichtig. Man kann auch hier darüber diskutieren, aber die aktive Bezweckung dessen findet sich eher in anderen Bildern.

Der Joker ist übrigens auch nur als Fine Art Print erhältlich, weil das Original bei mir verbleibt, obwohl es eine enorme Nachfrage nach dem Original ausgelöst hat. Dann ist ja ein Sinn hinter den Bildern, eine Reaktion in Richtung Aufmerksamkeit für den psychologischen Aspekt hervorzurufen, wie ich es bei anderen Fragen bereits erläutert habe.

Es gab auch eindeutige Reaktionen von begeistert bis schockiert bei den Bildern mit den Organen. Da fand ich es sehr angenehm zu sehen, wie auf LinkedIn bspw. eine regelrechte Konversation unter den Betrachtern entstand. Denn man hat sich wirklich mit der Betrachtung befasst. Ich freue mich aber auch einfach, wenn der Betrachter Freude, Entspannung und Frieden in der Betrachtung findet. Oder wenn das Bild einfach eine ansprechende Ergänzung zum Interieur bietet.

Möchten Sie, dass Zuschauer eine bestimmte Botschaft verstehen oder fühlen Sie sich eher ermutigt, wenn diese ihre eigenen Interpretationen finden?

Es wäre sicher diplomatisch zu sagen, jeder kann es anders interpretieren, aber erstens lässt eine so realistische Ausdrucksweise wohl kaum viele Interpretationen zu und dann ist ja schon der Sinn, also die Botschaft ein Ziel des Schaffens. Auch die Botschaft sich interessiert näher mit meiner Heimat zu befassen. Vorurteile ggf. auszuräumen.

Wir Erzgebirger sind nicht alle Nazis, und wir sind nicht prinzipiell gegen alles oder was da oft zu hören ist. Wir sagen einfach nicht blind erstmal ja und ahmen und denken erstmal nach. Sachsen ist seit jeher das Land der Dichter und Denker! Und wer uns immer so abtut, der sollte sich mal die Chronologie der vergangenen Pisa Studien ansehen. Da können sich andere Bundesländer mal eine ganz dicke Scheibe von abschneiden. Es ist ein Fleck Erde, mit unvergleichlicher Geologie, mit einer Natur, die man anderenorts so nicht mehr findet. Mit einer Traditionenliebe, die weder was mit Fremdenhass noch mit Altbackenheit zu tun hat, sondern die einfach unheimlich wertvoll ist und nicht vergessen werden sollte.

In meinen Bildern zu meiner Heimat steckt so viel Liebe und Sehnsucht…ich möchte die Leute damit einfach anstecken.

Wechseln wir einmal die Betrachtungsweise. Gibt es ein bestimmtes Kunstwerk oder eine künstlerische Bewegung, die Sie nicht verstehen oder mit der Sie Schwierigkeiten haben, sie zu schätzen?

Ja, es gibt künstlerische Bewegungen, die ich nicht verstehe  Und nicht als attraktiv empfinde. Aber wissen Sie, das ist wie mit Filmen. Ich bin zum Beispiel gar kein Komödienfan. Ich liebe Filme wie Schindlers Liste, das Streben nach Glück oder Oppenheimer. Ja ich weiß, der rockt ohnehin derzeit die Kinos. Aber dieser Film war, ohne den Hype mitmachen zu wollen, alles in allem ein regelrechtes Geschenk für mich.

Ich hoffe, Sie verstehen, was ich damit meine. Wenn allerdings eine Komödie wirklich Raffinesse beweist und inhaltlich ebenso in ihrem Humor wie der Ausgestaltung Tiefgang beweist, dann hat sie auch meinen vollen Respekt verdient. Wenn sie mich wirklich überzeugt und das Gesamtkonzept passt, dann gehe ich dafür auch gerne mehrmals ins Kino oder kaufe mir den Film.

Und so möchte ich das auch bei Kunst halten. Ich hatte anfangs von dem Künstler und Schauspieler Richard Grieco gesprochen. Der macht so ziemlich das Gegenteil zu meiner Kunst. Aber seine Bilder haben selbst in seiner Abstraktion sehr einnehmenden Ausdruck und es gefallen mir auch nicht alle. … Aber ich habe seine Art verstanden. Und ich finde, einige Werke so beeindruckend, dass ich mich ja auch von ihm für die Organreihe habe inspirieren lassen.

Glauben Sie, dass Kunst die Fähigkeit hat, die Welt zu verändern?

Da sie, wie erwähnt, ein uraltes Kommunikationsmittel ist, hat Kunst auf alle Fälle, die Fähigkeit unser Denken und Handeln zu beeinflussen und führt mal mehr und mal weniger deutlich zu Veränderungen in der Welt. Kunst sind ja auch nicht einfach nur Bilder, allein die Musik als Form der Kunst kann verbinden oder Hass erzeugen. Sie wird heutzutage fast mehr angehimmelt als irgendwelche Religionen. Und ihretwegen gab es bis jetzt zumindest keine mir bekannten globalen Kriege.

Also jaein! Kunst direkt verändert vielleicht nicht die Welt, aber sie kann durch eine starke Beeinflussung Veränderungen hervorrufen oder bestärken.

Vielen Dank für Ihre Zeit und Mühe!

Weitere Informationen

Mehr über die Künstlerin finden Sie hier: https://www.custom-art-and-design.rocks

Zum Etsy-Shop von Christin Hennig: CustomArtandDesignCH – Etsy.de

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