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Autor, Analoger Fotograf und Künstler
Interview: Ben Bernschneider über seine 100 Diamanten

Fotokünstler und Autor Ben Bernschneider im Interview über seine 100 Diamanten, Tik- Tok-Tänze und die Wahrnehmung von Kunst: www.arttrado.de

Interview: Ben Bernschneider über seine 100 Diamanten Die aktuelle Serie „100 Diamanten“ von Ben Bernschneider wird über die WEMADETHIS-Gallery präsentiert
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Ben Bernschneider - eigentlich Jonas Bernschneider heimste als Werbetexter in Hamburg 5 Jahre lang diverse Auszeichnungen ein. (ua. THE ONE SHOW – GOLD, BRONZE- NAGEL ADC 2003, KLAPPE 2003 IN BRONZE, GOLDEN AWARD OF MONTREAUX, GOLD WORLD MEDAL BEIM NEW YORK FESTIVAL). 
 Seit 2019 konzentriert er sich als Autor, Analoger Fotograf und Künstler nur noch auf künstlerische Arbeiten.

Interview: Ben Bernschneider über seine 100 Diamanten

Die aktuelle Serie „100 Diamanten“ von Ben Bernschneider wird über die WEMADETHIS-Gallery präsentiert und ist ein voller Erfolg. Bereits am 26. April hat die Hälfte der Werke neue Besitzer gefunden. Nach der ersten Woche, war die Serie so gut wie ausverkauft.

Der Künstler stiftete zusätzlich einen weiteren Diamanten, also Nummer 101 mit dem Namen „The Noise“ für das artagainstwar Projekt der w.m.t. Gallery.

Wer mehr über den angesagten Künstler erfahren möchte, bekommt mit dem folgenden Interview die Gelegenheit. Der Künstler spricht über seine Diamanten, die Wahrnehmung von Kunst und TikTok-Tänze…

Ben Bernschneider im Interview

Du bist ja eher bekannt für die analoge Fotografie und deine Fotobücher. Ich weiß, dass du auch schreibst, Filme machst und Musik, wie kommt es jetzt zu der nächsten bildenden Kunst? Ist das neu oder passiert alles parallel?

Ich kenne keinen kreativen Menschen oder Künstler in meinem Umfeld, der nur eine kreative Sache kann und macht. Die größten Schauspieler oder Maler oder Fotografen, die ich kenne, spielen entweder unfassbar gut Gitarre, schreiben unglaubliche Texte oder zeichnen wie junge Götter. Aber oft ist es nicht das, was sie nach außen tragen, und man weiß halt nichts davon. Abgesehen davon, dass ich mich wahnsinnig schnell langweile, ist doch auch diese lineare Produktion überhaupt nicht im Sinne der Kunst oder in meinem Sinne. Es geht um Output, um Verwirklichung, um dem zu folgen, was einen begeistert und in welchem Bereich man etwas von Wert schaffen kann. Und da, wo das eigene Herz drin steckt, begeistert auch irgendwo noch jemand anderes.

Gibt es bei deinen Diamanten Parallelen zur deiner Fotografie? Weil es auch analog ist, im Gegensatz zur digitalen Fotografie?

Das primäre Ding, was mich an der analogen Fotografie kickt, ist nicht mal das Endprodukt. Es ist generell das Physische, das Anfassbare. Das ganze Handling, Filme einlegen, Filme entwickeln etc. Und ich finde es auch scheiße, Texte oder Bücher auf einem Monitor zu lesen. Ganz schlimm. Ich will eine Seite fühlen, riechen und weiter blättern können. Physical over digital.

Aber zu Parallelen, außer dass die Diamanten natürlich nur analog und physisch gezimmert werden: ein großer, wichtiger Aspekt bei der analogen Fotografie ist „Serendipity“. Das Überraschungsmoment, wenn der Film zum ersten Mal sichtbar wird und man „Fehler“ entdeckt. Light leaks, Staub, was auch immer. Diese Dinge, die man nicht berücksichtigt hat, sind es, die das Bild so einmalig und geil machen. Das Schicksal und der Moment müssen da ganz weit mit rein spielen, scheiß auf Kontrolle. Die gebe ich so weit ab, wie ich kann. Ich gucke nicht durch den Sucher und ignoriere oft die richtige Belichtungszeit.

Meine Diamanten sind auf der Leinwand selten immer am gleichen Fleck. Ich hätte jeden Diamanten exakt mittig setzen können, mittels Schablone. Aber was soll dann das Ganze? So viel wie möglich im Bild soll doch etwas über den Künstler verraten. Wenn ich an dem Tag angetrunken war, ist der Diamant vielleicht schief. Wenn ich mies drauf war, ist er dunkler geworden, wenn ich happy war, ist er bunter geworden. Das ist doch die Essenz einer Handschrift. Sie ist immer anders, sie reflektiert den Künstler. Eine digitale Kopie einer Handschrift ist immer gleich.

Physical over digital ist also so dein Leitding?

Nicht so bewusst, eigentlich. Ich bin ein riesiger Apple-Jünger. Und musste jedes iPad haben. Und in meiner romantischen Vorstellung konnte ich dann immer darauf planen, lesen und arbeiten. Aber in Wirklichkeit kann ich keine Story schreiben, wenn ich es nicht handschriftlich mache, ich will und kann kein Fotobuchlayout am Rechner machen und so weiter. Ich muss Papier haben, schreiben, schneiden und legen. Und vor allen Dingen mit der Hand schreiben. Oder mit der Schreibmaschine, wie in meiner Amerika-Tetralogie. Ich kann nicht aus meiner Haut.

Macht es einen Unterschied ob Menschen Kunst auf dem Handy oder an der Wand einer Galerie sehen?

Was ist alles Kunst? Kids gucken anderen Kids bei irgendwelchen abgefahrenen dance moves auf TikTok zu und sind begeistert. Das ist Ausdruck, Tanz, alles irgendwie Kunst. Aber in klein auf dem Handy. Wenn es aber um klassische Bilder oder Figuren geht – Und ob! Die meisten Bilder sind ja nicht für mikroskopische Verhältnisse geschaffen. Aber diesen Unterschied in der Betrachtung muss man lernen. Da ist eine Generation, die davon ausgeht, dass jedes zweidimensionale Bild umsonst im Netz zur Verfügung steht. In einem Quadrat auf deinem Handy. Überzeug diese Kids mal, dass es sich lohnt aufzustehen, auf eine Vernissage zu latschen und dir das Bild in echt zu geben. Oder 2.800 Euro dafür zu zahlen, es an deiner Wand betrachten zu können, es einem Wert beizumessen. Es muss ja erst mal irgendeine positive Konnotation geschaffen werden, dass der „echte“ Kontakt mit Kunst dich berühren, dich fesseln und zu Tränen rühren kann. Aber die art-educated-kids gibts ja. Wir sehen im Netz ja die breite Masse und es ist ok, es gibt genug Faszinationsmöglichkeiten für alle.

Was ist denn Kunst für dich, wenn TikTok-Tänze auch irgendwie Kunst sind?

Das ist eine gute Frage, aber zu groß für mich. Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass die alte Story des Kurators stimmt, in der dieser von einem Mann gefragt wurde, was denn Kunst sei. Dieser Mann hatte sich zuvor zehn Minuten lang tierisch über ein Bild auf dieser Ausstellung aufgeregt und dann anschließend den Kurator mit der Frage konfrontiert. Und der Kurator zeigte auf das beschimpfte Bild und sagte, dass dies zu 100% Kunst sei, da sich der Mann so lange darüber aufgeregt hätte. So lange es etwas mit dir macht, dich berührt, dich sauer werden lässt, dich provoziert, du dich verliebst – whatever – dann ist es Kunst, die in dieser Galerie zu hängen hat. Wäre es einfach nur egal, könne man es von der Wand nehmen.

DAS ist für mich eine ziemlich valide Erklärung, was Kunst ausmacht. Und vor allen Dingen ist die Kunst subjektiv und demokratisch. Du kannst dir von jedem Kritiker egal was erzählen lassen, wenn du dich in ein Strichmännchen verliebt hast, ist dieses Gefühl echt und es kann dir keiner mehr nehmen. Dann ist es für dich wertvoll. Es gibt ja durchaus Leute, die nicht verstehen, warum ein Rothko 80 Millionen Dollar kostet. Sie sehen in so Farbflächen halt nichts. Das ist doch geil, wie subjektiv die Wahrnehmung da ist.

Warum gibt’s momentan keine Fotos von Dir bei der w.m.t Gallery, stattdessen Siebdrucke?

Weil es in meinem Zyklus gerade die falsche Zeit ist. Wenn man Dinge manisch betreibt, muss man diese Dinge sich mal zeitweise scheiße finden können. Mich hat die Fotografie so unfassbar gelangweilt und zeitgleich auch gestresst, weil ich auch innerhalb des Mediums reflektieren muss und viele Fotografen mir die Fotografie auch nicht gerade schmackhaft machen. Zu wenig Kunstvolles, zu wenig Ideen, alles so glatt. Und diesen Ausgleich zur Fotografie finde ich dann woanders. Aber im Kopf arbeite ich auch schon wieder an einer großen Fotoserie, diesmal für die wmt Gallery, die ich sehr schätze. Lukas hat einfach ein enorm gutes Gespür und ist ein Ehrenmann ohne aufgeblasenes Ego. Das ist gut für die Kunden und die Künstler. Empathie ist da das A und O. Außerdem vereint uns dieser produktive Drang zum fleißig sein, machen und Dinge erledigen.

Warum 100 Diamanten? Woher die Zahl?

Wenn ich fünf Diamanten gemacht hätte, wären es fünf Farbkombinationen gewesen, die ich für cool und schön halte. Aber das schöne an den Diamanten ist für mich, dass jeder seinen eigenen Diamanten entdecken kann, denn bei 100 Themen und Farbkombinationen ist für jeden was dabei. Und so fand ich die Aufgabe gut. Weiter bohren und in mich zu gehen, um zu gucken, was noch geht. Man entdeckt ja auch immer mal wieder was Neues über sich selbst in dem Prozess.

 

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Weitere Informationen

Mehr über 100 Diamanten: https://wmtgallery.com/pages/100-diamonds

Zum Shop des vielseitigen Künstlers: https://shop.benbernschneider.com/

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