Arttrado.de - Magazin und Marktplatz für junge Kunst.

Kunstbegriff unterm Hakenkreuz
Der Kunstbegriff im Nationalsozialismus

Quelle https://www.dhm.de/lemo/kapitel/ns-regime/kunst-und-kultur/entartete-kunst.html

Es häuft sich wieder einmal der Jahrestag zur Eröffnung des Reichskultursenates am 15.11.1935. Dies gibt Anlaß, sich mit dem nationalsozialistischen
Weiterlesen

Es häuft sich wieder einmal der Jahrestag zur Eröffnung des Reichskultursenates am 15.11.1935. Dies gibt Anlaß, sich mit dem nationalsozialistischen Kunstbegriff auseinander zu setzen. Heute ist oftenteils die Kunstfreiheit als etwas selbstverständliches und nicht sonderlich Besonderes empfunden. Doch wehte einst ein anderer Wind durch unsere Breitengrade: Goebbels Worte lauteten (Zitiert nach Knies, Wolfgang, Schranken der Kunstfreiheit als verfassungsrechtliches Problem, München 1967, S. 12: Rede bei der Eröffnung des Reichskultursenates am 15.11.1935“):

„Die Freiheit des künstlerischen Schaffens muß sich in den Grenzen halten, die ihr durch die politische Idee und nicht durch eine künstlerische Idee gesetzt sind.“

Im Nationalsozialismus galt die Herrschaft des „Volkswillens“. Das Individuum befand sich also in einem krassen Unterordnungsverhältnis geprägt durch die „völkische“ Gemeinschaft. Der Rechtshistoriker Prof. Dr. Repgen fasst diesen Zustand der zwanghaften Unterwerfung unter den sogenannten Volks- und später Führerwillen mit dem treffenden Satz „Du bist Nichts – Dein Volk ist alles.“ zusammen. Als totalitäre Herrschaftsform war der Nationalsozialismus darauf bedacht keinen ideologiefreien und also entpolitisierten Lebensraum gedeihen zu lassen (Knies, Wolfgang, Schranken der Kunstfreiheit als verfassungsrechtliches Problem, München 1967, S. 12) Der totalitäre Staat war weiterhin darauf bedacht, soweit solche Lebensräume existierten zu ideologisieren.

Ursupierung der Kunst durch die Reichskulturkammer

Dies geschah insbesondere durch die Reichskulturkammer (RKK). So schreibt Knies, gehörte zum Instrumentarium der als Gesamtkörperschaft des öffentlichen Rechts organisierten RKK die Möglichkeit Berufsverbote bei „Unzuverlässigkeit“ auszusprechen – ein denkbar unbestimmter und konkretisierungsbedürftiger Rechtsbegriff, schwarze Listen für Bücher und Schriften sowie die Genehmigungspflicht für öffentliche Kulturveranstaltungen (Knies, aaO, S. 14 f.).

Unterscheidung von Kunst in „entartet“ und „normal“

Mit Hilfe des Gesetzes über Einziehung von Erzeugnissen entarteter Kunst vom 31.5.1938, RGBl. I 612 wurde als „entartet“ qualifizierte Kunst entschädigungslos eingezogen und vernichtet (Knies, aaO, S. 14).

Was im einzelnen „entartet“ war, bestimmte Hitler als oberster Kunstrichter, wenn er Kunst als „frecher dummer Unsinn“, oder „Ausgeburten eines kranken Hirnes“ bezeichnete (Führer durch die Ausstellung „Entartete Kunst“ (1937), zitiert nach Knies, aaO, Fn. 59.).

Auswirkungen auf die Gegenwart

Die nationalsozialistische Herrschaft hat dem parlamentarischen Rat bei der Schaffung des Grundgesetzes eindrücklich gezeigt, „wie man es nicht macht“. „Abkehr von totalitärer Kunstpolitik und Wiederherstellung einer dem Rechtsstaat gemäßen Ordnung des Verhältnisses von Kunst und Staat“ (Knies, aaO, S. 16) waren die Folge. Dies zeigt sich insbesondere an der vorbehaltlosen Garantie der Kunstfreiheit in Artikel 5 Abs. 3 des Grundgesetzes. Die Kunst kann daher nicht durch oder aufgrund von Gesetzen (wie zum Beispiel Art. 2 Abs. 2, 5 Abs. 2 – Abs. 2 gilt nicht für Abs. 3 – ,8 Abs. 2, 11 Abs. 2) eingeschränkt werden. Sie wird im Einzelfall durch ihren Schutzbereich begrenzt – dann, wenn die angestrebte Tätigkeit nur beiläufig künstlerische Elemente in sich trägt sowie die sogenannten verfassungsimmanenten Schranken (zum Beispiel Art. 1 Abs. 1, , 2 Abs. 1 GG bei unzumutbaren Ehrverletzungen) eingeschränkt.
Dies führt dazu, dass das künstlerische Schaffen, Verbreiten, kritisieren und so weiter sich nicht legitimieren zu braucht (Friedrich Müller, Freiheit der Kunst als Problem der Grundrechtsdogmatik, Berlin 1969, S. 73). In diesem rechtsstaatlichen Sinne ist heute Kunst nicht etwas, das etwas beabsichtige, so schreibt Müller weiter, oder etwas wolle, sondern als etwas, das schlicht sei, schlicht existiere mit dem eigenen Anspruch aus sich selbst heraus, „ein Ganzes eigener Art zu sein“.
Dies gleicht einem diametral entgegengesetzten Konzept zum Kunstbegriff im Nationalsozialismus und so schafft der nationalsozialistische Begriff von Kunst, auf negative Art und Weise und also gegenteilig den Boden des Kunstbegriffes, wie wir ihn heute vorfinden.

 

Bildquelle: Lebendiges Museum Online