Es kann passieren, dass man als KünstlerIn einen Schaden aufgrund einer vertraglichen Pflichtverletzung, zum Beispiel eine zu späte Lieferung, erleidet, jedoch gegen den Schädiger nicht direkt vorgehen kann, weil man zu diesem keine vertragliche Verbindung besitzt. Der folgende Artikel beleuchtet das Lösungsinstrument der Rechtsprechung für solche Fälle.
1. Einführung zum Kommissionsgeschäft
In der Regel bringt nicht der Künstler oder die Künstlerin Kunstwerke in den Handel. Meistens nutzt der/die KünstlerIn die Möglichkeiten, die ihm die Zusammenarbeit mit einer Galerie bietet, insbesondere das Kommissionsgeschäft. Dabei erwirbt der Galerist kein Eigentum an den Kunstwerken. Vielmehr wird der Kommissionsvertrag gemäß den §§ 383 ff. HGB zwischen dem Galeristen als Kommissionär und dem/der KünstlerIn als Kommitent gewählt. Dabei handelt es sich um einen Dienstvertrag mit Geschäftsbesorgungscharakter nach den §§ 611, 675 BGB (Ebling, Klaus, Schulze, Marcel, Kunstrecht, 2. Auflage, München 2012, S. 238 mit weiteren Nachweisen und Details in Verbindung zum UrhG). Der Kommissionär kontrahiert dann mit einem Käufer in eigenen Namen (§ 383 I HGB), ohne dass die Sache zu Eigentum übereignet zu sein braucht (Dies wäre andernfalls für den/die KünstlerIn auch gefährlich: er könnte in der Insolvenz des Kommissionärs die Sache nicht aus der Insolvenzmasse (§ 35 InsO) aussondern oder im Falle einer durch einen Gläubiger des Kommissionärs ausgebrachten Zwangsvollstreckung die Drittwiederspruchsklage erheben (Münchener Kommentar HGB, § 383, Rz. 64).
a) Getrennte Verträge zwischen Galerist, Künstler und Drittem
Es handelt sich beim Kommissionsgeschäft daher um zwei voneinander unabhängige Vertragsverhältnisse. Zum einen schließen Kommittent (KünstlerIn) und Kommissionär (Galerist) einen Kommissionsvertrag. Zum anderen schließen bei Verkauf eines Werkes der Kommissionär (Galerist) mit dem Dritten (Käufer) einen Ausführungsvertrag.
b) Folge: Ansprüche auf Schadenersatz wegen vertraglichen Pflichtverletzungen entstehen beim Galeristen
Daher entstehen alle Ansprüche aus dem Leistungsstörungsrecht (§§ 280 ff. BGB) in der Person des Galeristen gegenüber dem Dritten (BGH NJW 1965, 249, 250; Münchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch, Band 5, § 383 Rz. 57).
2. Problem: Schaden auf Seite des/der KünstlerIn
Diese Konstellation führt zu der Problematik, dass im Falle eines Schadens bei dem/der KünstlerIn diese ihren Schaden beim Dritten nicht geltend machen kann. Schließlich steht sie zu diesem in keinem Vertragsverhältnis (abgesehen von deliktischen Ansprüchen, die freilich zusätzlich geltend gemacht werden können). Denn vertraglich verpflichtet hat sich der Dritte nur im Binnenverhältnis im Rahmen des Ausführungsgeschäftes im Verhältnis zum Kommissionär. Auf der anderen Seite hat der Kommissionär zwar gegen seinen Vertragspartner im Ausführungsverhältnis einen Anspruch auf Ersatz des Schadens. Dieser Schaden ist jedoch beim Kommittenten eingetreten.
3. Die Lösung: Die sogenannte Drittschadensliquidation
Diese zufällig und ungerecht anmutende Schadensverlagerung hat zur gewohnheitsrechtlichen Lehre der Drittschadensliquidation geführt (BGH aaO). Dabei kann der Kommissionär den Schaden des Kommittenten gegenüber dem Dritten geltend machen und diesen Anspruch an den Kommittenten abtreten. Er kann auch direkt Zahlung an den/die KünstlerIn verlangen (BGHZ 51, 91, 93; Münchener Kommentar HGB, aaO, Rz.58). Ebenso ist es möglich im Kommissionsvertrag im Voraus derartige Ansprüche an den Kommittenten abzutreten (Münchener Kommentar HGB, aaO). Es wird also, bildlich gesprochen, der Schaden (des/der KünstlerIn) zum Anspruch (dem Galeristen) „gezogen“.
4. Fazit
Durch das Institut der Drittschadensliquidation ist der/die KünstlerIn hinreichend gesichert und muss nicht „in die Röhre schauen“, wenn ein Dritter einen Schaden wegen Verzugs oder Annahmeverzugs oder eine sonstige Pflichtverletzung verursacht. Wir empfehlen, von der Möglichkeit einer Vorausabtretung bereits bei Abschluss des Kommissionsvertrages Gebrauch zu machen.
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